Bericht 10. Mai 2013 |
||||||
Notaußeneinsatz an der ISS soll Kühlmittelleckage beheben
Tom Marshburn und Chris Cassidy sollen Samstag Mittag aussteigen - möglicherweise noch zweiter Außeneinsatz zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich
In der Nacht zum Freitag war dann der Robotarm der Station auf den Backbordausleger umbewegt worden, um mit seinen Kameras die fragliche Stelle genauer in Augenschein zu nehmen. Wie die NASA auf einer Pressekonferenz am Freitag Abend mitteilte, läge die Ursache vermutlich an einem Pumpenreglermodul (PFCS) des Kühlkreislaufes, der den Stromversorgungskanal 2B kühlt. Jedes der vier Photovoltaikmodule der ISS hat zwei große Solarzellenflügel, die ihren erzeugten Strom in je einen Stromversorgungskanal leiten. Beim P6 sind das die Kanäle 2B und 4B. Der Strom wird von hier entweder direkt in die Stationssysteme oder in eine Reihe von Batterien gespeist, aus denen die Stationssysteme versorgt werden, wenn sich die ISS im Erdschatten befindet. Um die Stromumformer der Photovoltaikmodule zu kühlen, besitzt jedes Modul einen eigenen Ammoniak-Kühlkreislauf, der die im System aufgenommene Wärme über einen angeschlossenen Radiator wieder in das All abstrahlt.
Cassidy und Marshburn sollen am Samstag Mittag gegen 14:15 Uhr MESZ die Station über die Luftschleuse QUEST verlassen. Der Außeneinsatz ist auf sechseinhalb Stunden angesetzt. Cassidy hat die Kennung EV 1 und trägt den Raumanzug mit den Roten Streifen, Marshburn ist EV 2 und trägt den durchgägig weißen Anzug ohne Streifen. Nachdem sie sich die rund 45 Meter von der Luftschleuse zum P6 vorgehangelt haben, sollen sie zunächst den Bereich um das Pumpenmodul herum inspizieren, um festzustellen, ob es irgendwelche offensichtlichen Anzeichen für eine Beschädigung gibt, z. B. durch einen Treffer von einem Mikrometeoriten, oder andere Probleme vorliegen. Von der Annahme ausgehend, daß das Leck im 110 kg schweren Pumpenmodulkasten aufgetreten ist, sollen sie dieses Modul gegen eines von drei Ersatzmodulen, die ebenfalls am P6 gelagert sind, austauschen. Sie sollen außerdem eine detaillierte Inspektion des Gehäuses durchführen, in dem die Pumpe installiert ist, nachdem sie das Pumpenmodul ausgebaut haben. Auf der Erde am Johnson Raumfahrtzentrum (JSC) der NASA testeten derweil am Freitag NASA-Astronaut Terry Virts und die italienische ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti an einem Modell des Photovoltaikmoduls im großen Wasserbecken des Nullauftriebslabors (NBL) verschiedene Arbeitsabläufe für den Austausch des Pumpenmoduls. Sie teilten anschließend ihre Erfahrungen mit Cassidy und Marshburn, um sie bestmöglich auf ihre Arbeit und was sie zu erwarten hat, vorzubereiten.
Sollte die Leckage nach dem Einbau der neuen Pumpe immer noch existieren, werden die Ingenieure zum Zeichenbrett zurückkehren müssen, um sich eine andere Lösung auszudenken. "Wir haben ein sehr kreatives Team, daher gibt es auch eine Menge Möglichkeiten, das System wieder zum Laufen zu bringen, wenn nicht die Pumpe die Ursache des Problems war", erklärte Suffredini. In jedem Fall, meinte er, werden aber drei Mitglieder der sechsköpfigen Besatzung (Marshburn, Kommandant Chris Hadfield und der russische Flugingenieur Roman Romanenko) wie geplant am Montag mit ihrer SOJUS ablegen und nach 146 Tagen im All in Kasachstan landen. Mit dem Ablegen von Hadfield, Romanenko und Marshburn beginnt offiziell die Expedition 36. Drei neue Besatzungsmitglieder, die NASA-Astronautin Karen Nyberg, der italienische ESA-Astronaut Luca Parmitano und der russische Kosmonaut Fjodor Jurtschichin, sollen dann am Ende des Monats starten und die Stationsbesatzung wieder auf sechs Personen bringen. Sollte ein weiterer Außeneinsatz erforderlich sein, um das Leck im Kühlmittelsystem zu beseitigen, so wird diese Aufgabe wohl Cassidy und Parmitano zufallen, für die bereits zwei Außeneinsätze am 9. und 16. Juli geplant sind. Der Außeneinsatz wird der 168. sein, der dem Aubau und der Wartung der ISS dient und jeweils der dritte für Marshburn und Cassidy. Beide hatten bereits zwei Außeneinsätze zusammen im Rahmen der Mission STS-127/ENDEAVOUR im Juli 2009 absolviert. Im August 2010 hatten die Expedition 24 Besatzungsmitglieder Doug Wheelock und Tracey Caldwell-Dyson im Verlauf von drei Außeneinsätzen ein Pumpenmodul im Hauptkühlsystem der Station ausgetauscht, dessen Ausfall Ende Juli 2010 zur Abschaltung eines der beiden Kühlkreisläufe geführt hatte. Der Stationsbetrieb hatte dadurch für rund zwei Wochen auf ein Maß heruntergefahren werden müssen, das von dem verbliebenen bewältigt werden konnte. Dies ist diesmal nicht zu erwarten. Sollte aber das Leck im P6-Kühlsystem nicht sofort zu beseitigen sein, könnte dies bedeuten, daß das Photovoltaikmodul abgeschaltet werden muß. Da die Station auch mit den drei verbleibenden Modulen noch voll betrieben werden kann, stellt dies nach Aussagen der Stationsleitung zunächst nur ein Ärgernis dar. Sollte der Ausfall aber längerfristig andauern, so wird jedes weitere Problem, das im Stromversorgungssystem der ISS auftritt, zu einer Gefährdung des Stationsbetriebs in dem Umfang, wie er bereits von 2010 bekannt ist. Eine schnelle Lösung des Problems dient also hauptsächlich der langfristigen Betriebssicherheit.
Quelle:
NASA, Spaceflight Now
|