Bericht 29. Juli 2005 |
||||||
Zehnter Planet des Sonnensystems entdeckt!
Objekt größer als Pluto und weiter entfernt - Debatte über Definition von "Planet" neu entbrannt - weiteres Kuiper-Objekt, kleiner als Pluto, ebenfalls entdeckt Astronomen haben in unserem Sonnensystem ein Objekt entdeckt, das größer als der Pluto ist. Sie bezeichnen es als den 10. Planeten, aber dieser Anspruch wird bereits angefochten. Dabei ist es nicht die Größe der neuen Welt, die angezweifelt wird. Es geht um die Definition, was ein Planet ist, und was nicht. Es ist das erste Mal seit der Entdeckung des Pluto vor 75 Jahren, daß ein Objekt dieser größe in unserem Sonnensystem aufgefunden wurde. Die Nachricht, die heute von Mike Brown vom kalifornischen Institut für Technologie (CalTech) bekanntgegeben wurde, kam nur Stunden nachdem die Entdeckung eines weiteren Objektes, nur wenig kleiner als Pluto, ebnefalls bekanntgegeben worden war; alles in allem ein sehr verwirrender Tag für die Medien.
Das neue Objekt, das vorübergehend die Bezeichnung 2003 UB313 erhalten hatte, ist etwa dreimal soweit von der Sonne entfernt, wie Pluto. "Es ist eindeutig größer als Pluto", meinte Brown, ein Professor für planetare Astronomie. Das Objekt ist rund und könnte bis zu doppelt so groß sein wie Pluto, erklärte Brown den Reportern in einer hastig von der NASA einberufenen Telekonferenz Freitag Nacht. Seine beste Schätzung ist, daß es etwa 3300 Kilometer durchmessend ist, etwa das anderthalbfache des Durchmessers von Pluto. Einer von vielen? Die Bahnebene des Objektes ist um 45° zur Hauptebene des Sonnensystems geneigt, in der sich die meisten Planeten bewegen. Deshalb war es der Entdeckung bisher entgangen: niemand hatte dort gesucht, meinte Brown. Einige Astronomen sehen es als ein Kuiper-Gürtel-Objekt und nicht als einen Planeten. Der Kuiper-Gürtel ist eine Region aus gefrorenen Objekten jenseits des Neptun. Pluto wird ebenfalls bereits von vielen als Kuiper-Gürtel-Objekt (KBO) bezeichnet. Auch Brown hatte in der Vergangenheit für die Herabsetzung von Plutos Status als Planet argumentiert, wegen seiner Größe und seiner exzentrischen und geneigten Umlaufbahn. Aber heute schlug er einen anderen Ton an. "Pluto ist schon für so lange Zeit ein Planet, daß die ganze Welt damit zufrieden ist", erklärte Brown in der Telekonferenz. "Es erscheint mir deshalb nur als eine logische Erweiterung, daß alles, was größer ist als Pluto und weiter draußen, ebnefalls ein Planet ist." Ein weiteres Argument sei laut Brown, daß 2003 UB313 mit Methaneis bedeckt zu sein scheint, so wie auch Pluto. Das sei bei den größeren KBOs nicht der Fall. "Dieses Objekt ist von seiner Art dem Pluto sehr ähnlich", meinte er. Die NASA unterstützte de facto diese Idee in einer offiziellen Erklärung, in der 2003 UB313 als der 10. Planet bezeichnet wird. In den letzten Jahren wurde indes ein Schwarm von Objekten entdeckt, die halb- bis dreiviertel so groß wie Pluto sind. Keine Definition für "Planet" Brian Marsden, der das Kleinplanetenzentrum verwaltet, wo die Daten von solchen Objekten gesammelt werden, meinte, wenn Pluto ein Planet sei, dann müßte alle runden Himmelskörper in seiner Größenklasse als Planeten bezeichnet werden. Nach dieser Logik wäre 2003 UB313 wohl ein Planet, müßte sich aber in einer Linie mit einigen anderen Objekten einreihen, die früher entdeckt wurden. "Ich würde ihn nicht als 10. Planeten bezeichnen", meinte Marsden gegenüber Space.com. Alan Boss, ein Theoretiker auf dem Gebiet der Planetenbildung an der Carnegie-Institution in Washington, nannte die Entdeckung "einen größeren Schritt". Aber er würde ihn ebenfalls nicht als Planet bezeichnen. Stattdessen sollten Pluto und alle anderen in der Region entdeckten Objekte bestenfalls als "Kuiper-Gürtel-Planeten" bezeichnet werden. "Sie einfach Planeten zu nennen, täte den großen Jungs im Sonnensystem Unrecht", meinte er in einem Telefoninterview. Die genaue Definition dessen, was einen Planeten ausmacht, wird zur Zeit von Boss und anderen Kollegen in einer Arbeitsgruppe der Internationalen Astronomischen Vereinigung diskutiert. Boss sagte dazu, daß auch nach sechs Monaten noch kein Konsens erzielt worden sei. Die Debatte reicht tatsächlich mehr als fünf Jahre zurück und wurzelt in der tatsache, daß die Astronomen eigentlich nie eine genaue Definition für den Begriff "Planet" hatten, da es bei den neun bekannten offensichtlich schien. "Diese Entdeckung wird wahrscheinlich eine gesunde Debatte darüber wiederentfachen, was ein Planet ist, und was nicht", meinte Boss. Als nächstes: marsgroße Objekte? Alan Stern vom Forschungsinstitut des Südwestens und der Leiter der New-Horizons-Mission zum Pluto, hatte in den frühen 90ern vorhergesagt, daß da draußen mehr als 1000 Plutos herumschwirren würden. Er hatte auch behauptet, ausgehend von Computermodellen, daß dort auch marsgroße Objekte in den fernen Ecken unseres Sonnensystems versteckt sein müßten und möglicherweise sogar Welten, die so groß sind als die Erde. Ein einem Telefoninterview nach der Bekanntmachung Freitag Nacht erklärte Stern, der selbst nichts mit der Entdeckung zu tun hat, er stehe zu diesen Vorhersagen und erwarte die Auffindung marsgroßer Objekte innerhalb der nächsten Jahrzehnte. "Für mich ist das sehr befriedigend", meinte Stern zu der Entdeckung von 2003 UB313. "Es ist etwas, worauf wir schon seit langem warten." Stern war aber nicht bereit, es die größte Entdeckung der Astronomie zu nennen, da er es nur im Zusammenang mit einer ganzen Reihe anderer Entdeckungen von Objekten der gleichen Größenklasse sieht. Im letzten Jahr, zum Beispiel, hatte Brown's Team Sedna gefunden, der etwa dreiviertel Mal so groß wie Pluto ist. Andere Entdeckungen waren 2004 DW und Quaoar. Stern sieht in dem äußeren Planetensystem einen Dachboden voll von unentdeckten Dingen. "Jetzt haben wir die Technologie sie zu sehen", meinte er. "Wir haben gerade mal angefangen, an der Oberfläche zu kratzen." Ganz weit draußen Die neue Welt ist rund 97 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt. Eine AE ist die Entfernung zwischen Sonne und Erde (ca. 150 Millionen km). Damit wird sie zum am weitesten entfernten bekannten Himmelskörper im Sonnensystem, und das dritthellste des Kuiper-Gürtels. Sie ist kälter als Pluto und "kein angenehmer Platz, wo man sein möchte." Sie wurde mit dem Samuel Oschin Teleskop des Palomar Observatorium entdeckt: Amateurastronomen mit großen Teleskopen, einiger Erfahrung und einer Auffindkarte, könnten in der Lage sein, 2003 UB313 zu sehen. Brown meinte, es könnte sehr aufregend sein dieses Objekt zu beobachten, da sowohl Profis als auch Amateure sich daran beteiligen können. "Es wird in den nächsten sechs Monaten sichtbar sein und ist zur Zeit nahezu direkt über einem am frühmorgendlichen Himmel im Sternbild Cetus (Walfisch)", erläuterte Brown, der die Entdeckung zusammen mit seinem Kollegen Chad Trujillo vom Gemini Observatorium und David Rabinowitz von der Yale Universität am 8. Januar gemacht hat. Das Team hatte ursprünglich gehofft, die Daten weiter analysieren zu können, bevor sie ihre Entdeckung bekanntgäben, waren aber am Freitag dazu gezwungen gewesen, da die Kunde darüber hinausgedrungen war, sagte er. "Jemand hatte unsere Webseite gehackt", erklärte er, "und sie planten die Daten zu veröffentlichen." Brown und Trujillo hatten den neuen Planeten zum ersten Mal am 31. Oktober 2003 mit dem 48-Zoll durchmessenden Samuel Oschin Teleskop aufgenommen. Allerdings war seine Eigenbewegung so gering, daß sie ihn nicht entdeckten, bis sie die Daten im Januar diesen Jahres erneut analysierten. In den letzten sieben Monaten hatten die Wissenschaftler den Planet studiert um seine Größe und seine bewegung besser abschätzen zu können. Größenabschätzung Wissenschaftler schließen auf die Größe eines Objektes im Sonnensystem aufgrund seiner Helligkeit und Entfernung. Die Rückstrahlfähigkeit (Albedo) des neuen Planeten ist allerdings nicht bekannt, weshalb der Schätzwert seiner Größe zwischen einem und zwei Plutodurchmessern liegt. Aber diese Abgrenzung wird durch die vorhandenen Daten gut gestützt, meinte Brown. "Selbst wenn er 100% des Lichtes, das ihn erreicht, zurückwürfe, wäre er immer noch so groß wie Pluto", erläuterte Brown. "Ich würde sagen: anderthalbfacher Plutodurchmesser, aber wir sind noch nicht zu 100% sicher, daß dies wirklich das erste Objekt im äußeren Planetensystem ist, das größer als Pluto ist." Die obere Durchmessergrenze ist durch Ergebnisse des Spitzer Weltraumteleskop gegeben, daß Wärme in Form von infrarotem Licht aufzeichnet. Da Spitzer den neuen Planeten nicht entdecken kann, muß seine größe kleiner sein, als der doppelte Plutodurchmesser. Brown hatte eine Wette mit einem Freund am Laufen, daß ein Objekt größer als Pluto noch vor dem ersten Januar dieses Jahres entdeckt werden würde. 2003 UB313 wurde am 8. Januar entdeckt. "Meine erste Reaktion war: 'Aargh, ich habe die Wette um sieben Tage verloren!'" Brown's Team hat bei der Internationalen Astronomischen Vereinigung einen Namensvorschlag eingereicht, will diesen aber noch nicht bekanntgeben, bevor die IAU darüber entschieden hat. Und noch eine neue Welt!
Nur wenige Stunden zuvor wurde die Entdeckung einer weiteren Kleinwelt bekanntgegeben, die vermutlich nächstgrößte nach Pluto. Das besondere an ihr ist, daß sie sogar über einen Mond verfügt. Vorläufig als 2003 EL61 bezeichnet, verfügt der Hauptkörper des Zweikörpersystems über 32% der Masse von Pluto und ist etwa 70% so groß. Wenn die Masse nur ein Drittel der von Pluto beträgt, dann sagt die Theorie, daß das Objekt nicht größer als Pluto sein kann, wie Brian Marsden anführt. Marsden, der auch an dieser Entdeckung nicht beteiligt ist, aber die Daten durchgesehen hat, erklärte gegenüber Space.com, daß die Massenabschätzung sehr gut sei, mit einem Fehler von nur 1-2%. "Ich denke nicht, daß er größer als Pluto ist", meinte er. Wo paßt er hinein? Es handelt sich immer noch um eine große Welt. Auch ihre Entdeckung ist dem Team um Mike Brown vom Caltch zu verdanken, das 2003 EL61über ein Jahr lang beobachtet hatte, bevor sie die Entdeckung verkündeten. Brown erklärte heute, es könnte sein, daß er größer ist als Sedna, welches das bislang größte Objekt jenseits der Neptunbahn war, abgesehen von Pluto.
Brown setzt die Größe von 2003 EL61 bei etwa 1500 km an. Gibt es irgendeine Chance, daß er größer ist als Pluto? "Nein", meinte Brown im Telephoninterview. "Definitiv nicht." Tatsächlich hatte Brown's Team die neuen Daten, auf die sie gewartet hatten, letzte Woche vom Spitzer Weltraumteleskop bekommen. Obwohl sie noch nicht vollständig analysiert seien, zeigten die Spitzer-Beobachtungen, daß das Objekt auf keinen Fall größer als Pluto sein kann. Wer bekommt den Ruhm? Das Objekt war unabhängig von Brown's Team auch von einer Gruppe entdeckt worden, die von Jose-Luis Ortiz vom Sierra Nevada Observatorium in Spanien geführt wird. Ortiz hatte die Entdeckung bereits kürzlich in astronomischen Kreisen veröffentlicht und dabei seine Annahme verbreitet, 2003 EL61 sei doppelt so groß wie Pluto. Ortiz zog diese Annahme aber inzwischen zurück. Brown war überrascht zu erfahren, daß Ortiz' Gruppe unabhängig von ihnen das Objekt, das erst gestern seine vorläufige Bezeichnung 2003 EL61 vom Kleinplanetenzentrum erhalten hatte, entdeckt hatte. Brown erklärte, daß somit Ortiz rechtmäßig der Ruhm der Entdeckung zustehe. Über den Mond 2003 EL61 umläuft die Sonne auf einer elliptischen Bahn im Kuiper Gürtel jenseits des Neptun. Sie ist deutlich gegenüber der Hauptplanetenebene geneigt. Und sie ist eine der wenigen Objekte dort draußen, von denen man weiß, daß sie einen Begleiter haben. der Mond, der 2003 EL61 umläuft, ist klein und macht höchstens 1% der Masse des Systems aus, erläuterte Brown. "Dies ist der kleinste Satellit relativ zu seinem Hauptkörper, der im Kuiper Gürtel bekannt ist", meinte Brown. "Plutos Satellit, Charon, hat ungefähr 10% der Masse Plutos." Marsden vom Kleinplanetenzentrum erklärte, er sei überrascht, daß der Himmelskörper nicht schon früher entdeckt worden sei. Er meinte, daß er vermutlich nur zu lichtschwach gewesen sei, um bei der Himmelsdurchmusterung von Clyde Tombaugh aufzufallen, die vor 75 Jahren zu der Entdeckung von Pluto geführt hatte. Browns Team hatte 2003 EL61 zuerst am 6. Mai 2004 mit dem Samuel Oschin teleskop entdeckt. Sie wußten allerdings noch nichts davon, bevor sie ihre Daten am 28. Dezember 2004 mit der Absicht, Kuiper-Gürtel-Objekte zu finden, einer eingehenden Untersuchung unterzogen. In einer Reihe von drei Aufnahmen ist das Objekt auszumachen, wie es vor den relativ dazu feststehenden Hintergrundsternen vorbeizieht. Ortiz' Gruppe hatte das Objekt zum ersten Mal im Jahr 2003 entdeckt und fand ihn in diesem Jahr wieder, was sie zu ihrer Bekanntmachung veranlaßte. Quelle: Space.com |