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Artikel 7. Oktober 2002
Eine kalte neue Welt
Das Weltraumteleskop Hubble mißt den Durchmesser eines Planetoiden, weiter entfernt als Pluto - neues Objekt "Quaoar" ist Teil des Kuiper-Gürtels

Astronomen haben ihm den Namen "Quaoar" (gesprochen: "Kwoa-woah" - mit nur gehauchtem zweiten "w") gegeben, nach einem eingeborenen amerikanisch-indianischem Gott. Er befindet sich etwa eine Milliarde Kilometer hinter Pluto und bewegt sich auf einem nahezu perfektem Kreis in 288 Jahren einmal um die Sonne. Bis vor kurzem war er nur ein seltsamer Lichtpunkt. Das war alles, was Astronomen sehen konnten, als sie ihn mit einem Teleskop auf der Erde entdeckten.

Aber nun ist es eine ganze Welt.

Quaoar
Oben: Eine künstlerische Darstellung des neuentdeckten Kuiper-Gürtel-Objektes (KBO) 2002 LM60, genannt "Quaoar". (Abbildung: NASA)
Das Weltraumteleskop Hubble der NASA hat Quaoar vermessen und seine Größe zu 1300 km im Durchmesser bestimmt. Das ist 400 km größer als der größte Planetoid im Asteroidengürtel, Ceres, und mehr als halb so groß, wie der Pluto selbst. In der Tat ist es das größte Objekt, das seit der Entdeckung des Pluto vor 72 Jahren im Sonnensystem entdeckt wurde.

Das Volumen von Quaoar ist größer, als das aller bekannten Asteroiden zusammen. Forscher vermuten, daß er überwiegend aus Eis niedriger Dichte gemischt mit Gestein besteht, einem Kometen nicht unähnlich. Wenn dies stimmt, dann ist seine Masse nur ein Drittel so groß, wie die des Asteroidengürtels.

Michael Brown und Chadwick Trujillo vom Kalifornischen Institut für Technologie (CalTech) in Pasadena haben diese Ergebnisse am 7. Oktober 2002 auf dem 34. jährlichen Treffen des Teilbereiches für planetare Wissenschaften der amerikanischen astronomischen Gesellschaft in Birmingham, Alabama, bekanntgegeben.

Bereits früher in diesem Jahr hatten Trujillo und Brown Quaoar mit dem 1,2-Meter-Teleskop des Mt. Palomar Observatoriums als Stern 18,5ter Größe, der sich durch das Sommersternbild Ophiuchus bewegt, entdeckt. Obwohl Quaoar vergleichsweise hell ist (gemessen am Standard derartig weit entfernter Objekte), war seine Lichtscheibe zu klein, um vom Palomar Teleskop aufgelöst zu werden.

Brown setzte deshalb die weitere Beobachtung mit dem Weltraumteleskop Hubble fort. Hubble's neue Kamera für Sternfeldbeobachtungen zeigte die wahre Größe des Objektes als 40 Bogenmillisekunden, was einem Durchmesser von 1300 km entspricht. Nur Hubble besitzt die Schärfe, die notwendig ist, um die Lichtscheibe eines so weit entfernten Himmelskörpers aufzulösen.

Größenvergleich
Oben: Ein Größenvergleich zwischen der Erde (12.800 km), unserem Mond (3500 km), Pluto (2300 km) und Quaoar (1300 km). (Abbildung: NASA)

Wie der Planet Pluto bewegt sich Quaoar im Kuiper Gürtel, ein Gebiet aus kometenähnlichen Eisbrocken, das sich bis 5 Milliarden Kilometer hinter der Neptunbahn erstreckt. Innerhalb des letzten Jahrzehnts wurden dort mehr als 500 eisige Himmelskörper, sogenannte Kuiper-Gürtel-Objekte (KBOs) entdeckt. Mit ein paar wenigen Ausnahmen waren sie alle wesentlich kleiner als Pluto.

Hubble-Bild von 
Quaoar
Oben: Dieses aktuelle Hubble-Bild von Quaoar ist die Summe von 16 separaten Belichtungen mit Hubbles neuer Kamera für Sternfeldbeobachtungen. (Photo: NASA)
Bisheriger Rekordhalter war ein KBO mit einen Durchmesser von etwa 900 km, dem man den Namen "Varuna" gegeben hatte. Diese Durchmesser wurden aufgrund von Messungen der Temperatur des Objektes und Annahmen über die Rückstrahlfähigkeit von KBOs ermittelt. Derartige Abschätzungen sind aber unsicherer als eine direkte Messung durch Hubble.

Die Bahn von 
Quaoar
Oben: Die Bahn von Quaoar im Verhältnis zu den Bahnen von Jupiter (J), Saturn (S), Uranus (U), Neptun (N) und Pluto (P). (Abbildung: NASA)
Der Name von Quaoar (oder 2002 LM60) ist noch nicht offiziell; dafür ist er noch zu neu. Die endgültige Entscheidung wird von der Internationalen Astronomischen Vereinigung getroffen. Trujillo und Brown schlugen "Quaoar vor nach einem Gott der Schöpfung des amerikanischen Indianerstammes der Tongwa, die das Los Angeles Becken, wo das CalTech beheimatet ist, ursprünglich bewohnt hatten. Nach der Legende ist Quaoar vom Himmel herabgestiegen, und nachdem er das Chaos in Ordnung gewandelt hatte, errichtete er die Welt auf den Rücken von 7 Riesen. Danach erschuf er die niederen Tiere und dann den Menschen.

Brown sagt voraus, daß vermutlich schon in naher Zukunft weitere, noch größere KBOs entdeckt werden, und Hubble wird eine wichtige Rolle bei der weiteren Beobachtung und der Bestimmung ihrer Größe sein. In der Zwischenzeit wird Quaoar den Rekord halten - ein erster Ausblick auf die vielleicht noch größeren Dinge, die noch kommen.

Pluto ist sowohl ein Planet als auch ein Kuiper-Gürtel-Objekt. Quaoar ist dagegen nur ein KBO. Er ist zu klein, um automatisch als Planet gewertet zu werden. Wenn man allerdings ein Dutzend Astronomen fragt, wie groß ein Himmelskörper sein muß, um als Planet zu gelten, wird man darauf ein Dutzend verschiedene Antworten bekommen. Die Definition des Begriffs "Planet", ist Gegenstand angeregter Diskussionen, bei der die Größe nur ein Kriterium darstellt. Für den Augenblick hat das Sonnensystem 9 Planeten. Quaoar ist kein Planet. Nichtsdestoweniger ist es eine eindrucksvolle und faszinierende neue Welt.

Quelle: NASA Science Artikel


letzte Änderung am 30. Oktober MMII