Zurück zur Startseite Sonne
Zurück zur Startseite Zurück zur Sonne-Indexseite
Artikel 19. Februar 2011
Experten warnen: die USA müssten die Bedrohung durch Weltraumstürme ernst nehmen
Und nicht nur die USA täten gut daran - Folgen könnten weltweit gravierend sein

Sonneneruption
Oben: Eine Sonneneruption der höchsten Klasse - Klasse 10, zu sehen unten rechts in der derzeit aktivsten Region der Sonne, 1158. Sie trat am 15. Februar 2011 gegen 2:50 Uhr MEZ auf. (Foto: NASA/SDO/GFSC)
In den kommenden Jahren könnte uns das Weltraumwetter hier auf der Erde ernsthafte Probleme bereiten, sagte der Leiter der Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten (NOAA) am Samstag, 19. Februar.

Ein heftiger Sturm habe das Potential, Telekommunikation und Stromnetze ausfallen zu lassen, und das Land müsse daran arbeiten, auf solche Ereignisse besser vorbereitet zu sein, äußerte die NOAA-Beamtin Jane Lubchenco auf der Jahrestagung der weltweit größten wissenschaftlichen Gesellschaft American Association for the Advancement of Science (AAAS). Lubchenco ist darüber hinaus auch die US-Staatssekretärin für den Bereich Ozeanischer und Atmosphärischer Handel (U.S. Under Secretary of Commerce for Oceans and Atmosphere).

"Die Frage ist nicht ob, sondern wann und wie gewaltig [die Eruption sein wird]", ergänzte Lubchenco in Bezug auf die Möglichkeit einer gefährlichen Sonneneruption. "Wir haben jeglichen Grund zu der Annahme, dass das Weltraumwetter in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird und wir sollten uns tunlichst darauf vorbereiten."

Zur Hochform auflaufen

Die Bedrohung durch Weltraumwetter wird immer größer, weil unsere Sonne sich dem Zeitraum der höchsten solaren Aktivität [im 11-jährigen Sonnenzyklus] nähert. Dieser Solarmax genannte Zeitraum wird für etwa 2013 erwartet. Die Sonnenaktivität schwankt in einem etwa 11-jährigen Zyklus und unser Stern war nun für eine ungewöhnlich lange Zeit relativ inaktiv gewesen.

Das sich dies jedoch gerade ändert, beweist eine Sonneneruption der Klasse 10, der höchsten Klasse, vom 14. Februar ziemlich eindeutig.

"Ich denke, die Ereignisse dieser Woche unterstreichen sicherlich, wie wichtig es für uns ist, das Weltraumwetter im Auge zu behalten, um auf mögliche Auswirkungen reagieren und sie entschärfen zu können", führte Lubchenco weiter aus. "Da wir in eine Phase der erhöhten Sonnenaktivität eintreten, ist es nur logisch, dass wir nicht nur die Möglichkeit vermehrter Ereignisse der Sonne alleine in Betracht ziehen, sondern auch die Möglichkeit einiger sehr heftiger Ereignisse."

Die Eruption vom 14. Februar setzte sowohl eine Welle geladener Partikel frei, die sofort Richtung Erde strömten, als auch koronale Massenauswürfe, oder Plasmablasen, die mehrere Tage benötigten, um hier anzukommen. Als dies passierte, wechselwirkten sie mit dem Magnetfeld der Erde und lösten dabei geomagnetische Stürme aus, die im Westpazifik und Teilen Asiens den Funkverkehr zusammenbrechen ließ und Fluglinien zwang, einige Flüge durch die Polarregion umzulenken, um Funkausfälle zu vermeiden.

Das nächste Mal könnte es schlimmer kommen

Bei diesem jüngsten Sonnensturm, so die Experten, sind wir noch relativ glimpflich davon gekommen und künftige Eruptionen könnten schlimmeren Schaden anrichten - besonders an den empfindlichen Transformatoren und Kondensatoren der Stromnetze. Wenn einige dieser Eruptionen Schaden anrichten, könnte es tagelang, wochenlang, monatelang, oder im Falle verheerender Schäden sogar jahrelang zu Stromausfällen kommen, warnten die Experten.

"Es stellte sich heraus, dass wir dieses Mal ziemlich gut geschützt waren, so dass nicht viel passierte", sagte der Wissenschaftler Juha-Pekka Luntama von der Europäischen Weltraumagentur ESA. "In einem anderen Fall könnten die Dinge anders liegen."

Früher stellte das Weltraumwetter eine nicht so große Gefahr für uns dar, weil die Welt während des letzten Sonnen-Maximums vor ungefähr 10 Jahren nicht so sehr von Satellitenkommunikation, Mobilfunktelefonen und GPS abhängig war. Das sind alles Technologien, die durch Sonneneruptionen gestört werden könnten.

"So viele für uns heute selbstverständliche Dinge sind für die Auswirkungen des Weltraumwetters sehr viel anfälliger, als dies während des letzten Maximums der Fall war", erklärte Lubchenco. Das Problem könnte sich bis zum nächsten und übernächsten Sonnen-Maximum sogar noch verschärfen, weil die Welt bis dahin wahrscheinlich noch mehr von solchen Technologien abhängig sein wird.

Schon etwas beängstigend

Andere Experten stimmen zu, dass das Problem aufgegriffen werden muss.

"Es ist schon etwas beängstigend und das mit Recht", sagte John Beddington, der leitende wissenschaftliche Berater der Regierung Großbritanniens. "Wir sollten vor diesen Ereignissen Angst haben, sonst werden sie nicht ernst genommen."

Er und andere EU-Beamte äußerten, dass die Welt eine bessere internationale Zusammenarbeit bräuchte, um den Gefahren des Weltraumwetters besser begegnen zu können.

"Es gibt heutzutage nur wenige Notfallszenarien, die eine solche enge Zusammenarbeit über den Atlantik hinweg von Nöten machen wie geomagnetische Stürme", so Helena Lindberg, Generaldirektorin der schwedischen Agentur Swedish Civil Contingencies Agency (MSB), [Anm. des Übersetzers: deren Aufgabe u. a. die Prävention von Notfällen und Krisen ist.]

Wir haben ein "dringendes Bedürfnis damit anzufangen, unsere Expertise zu teilen und unsere Systeme zur Warnung und Reaktion miteinander zu verbinden", meinte Lindberg. "Diese Zusammenarbeit muss hergestellt werden, bevor uns ein Desaster ereilt."

Einige Experten betonten trotz des Risikos jedoch, dass es Grund dazu gebe, optimistisch zu sein. Es sind Arbeiten im Gange, um die Fähigkeit zu verbessern, Sonnenstürme im Voraus besser vorhersagen zu können, noch mehr Satelliten mit Strahlenschutzmaßnahmen auszustatten und die Stromnetze mit robusteren Transformatoren und Kondensatoren zu verstärken.

"Bitte keine Panik", sagte Stephan Lechner vom Institut zum Schutz und der Sicherheit des Bürgers am Gemeinsamen Forschungszentrum der Europäischen Kommission. "Bitte verlassen Sie jetzt nicht den Raum und erzählen jedem, dass uns morgen das Weltraumwetter umbringen wird."

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Joachim Dietlicher

Kommentar abgeben


letzte Änderung am 28. Februar MMXI