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Artikel 3. Februar 2003
NASA konzentriert sich auf 'Achillesferse' des Shuttles
Untersuchungskommission richtet Aufmerksamkeit auf Bruchstück, das beim Start die Tragfläche getroffen hat

Einschlag des 
Schaumstückes
Oben: Dieses Bild ist einem Video vom Start der Raumfähre COLUMBIA entnommen, auf dem man den Einschlag eines vom Außentank abgeplatzten Stückes Isolierschaumes auf der Unterseite der linken Tragfläche erkennen kann. Dieses Stück soll nach Angaben der NASA etwa 1 kg schwer gewesen sein. (Photo: NASA, CNN)
Funktionäre der NASA konzentrierten sich am Montag auf die Frage, ob ein Bruchstück, das während des Starts der Raumfähre COLUMBIA am 16. Januar vom Außentank abgebrochen war, möglicherweise eine Naht an der Klappe des Backbordhauptfahrwerks getroffen hat, wie ein NASA-Ingenieur gegenüber CNN verlauten ließ.

Ein hochrangiger NASA-Funktionär erläuterte, daß Ingenieure, die den Vorfall kurz nach dem Start untersuchten, feststellten, daß dies nicht relevant für die Flugsicherheit war, aber möglicherweise dennoch das Hitzeschild des Orbiters beschädigt haben könnte.

Während eine umfangreiche Untersuchung nach Anhaltspunkten sucht, die das Geheimnis um die letzten Minuten der Raumfähre lüften könnten, warfen die Ermittler einen genaueren Blick auf den Punkt, wo das Bruchstück (möglicherweise ein Stück Isolierschaum oder Eis) 80 Sekunden nach dem Start anscheinend die linke Unterseite des Shuttles getroffen hat.

Der NASA-Mitarbeiter meinte, daß die Fahrwerksklappen, die die lebenswichtigen Kabel und Sensoren beherbergen, wahrscheinlich die verwundbarsten Stellen des Fluggerätes seien.

"Die Natur findet immer die Achillesferse und beim Shuttle ist die nunmal hier," erklärte er.

Wenn das Bruchstück die Naht getroffen hat, könnte es einen Riss in der Dichtung verursacht haben, die das Fahrwerksgehäuse und die empfindliche Verkabelung, die in diesem Bereich untergebracht ist, schützt. Die NASA untersucht nun, ob ein Einschlag dort einen Schweißbrennereffekt gehabt haben könnte, der den Anstieg in der Temperatur und den Ausfall der Meßfühler an dieser Stelle erklären könnte.

In seinen letzten Minuten erfuhr das Shuttle einen ungewöhnlich hohen Temperaturanstieg auf seiner Backbordseite, verlor eine Reihe von Meßfühlern in der linken Tragfläche und begann dann unerwarteterweise nach links herüberzurollen, wie die Analysen der NASA zeigen.

Die NASA untersucht auch, warum ein Stück von der Außentankumhüllung herausbrechen konnte. Der verwendete Tank war schwerer als die Tanks, die auf den letzten Flügen zur internationalen Raumstation eingesetzt wurden. Die Ermittler untersuchen deshalb, ob ein Fehler in dem Verfahren, mit dem der Isolierschaum auf die Tankhülle aufgebracht wird, oder die Lagerung des Tanks vor seinem Einsatz zu einer Schwächung der Schaumhaftung geführt haben.

Bill Readdy, der Chef des bemannten Raumfahrtprogramms der NASA, erklärte, daß Bruchstücke, die sich während des Starts vom Außentank ablösen, "kein unbekanntes Phänomen" seien.

"Unsere besten und klügsten Ingenieure, die beim Entwurf und dem Bau dieses Systems dabei waren, haben sich sehr sorgfältig die Analysen und alle zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen angeschaut und die Feststellung getroffen, daß dies kein Problem sei, daß die Flugsicherheit beeinträchtige," meinte Readdy.

In der Zwischenzeit arbeiteten Bundes-, Staats- und lokale Behörden gemeinsam an der Bergung der tausenden Wrackteilen, die über Texas und Louisiana verteilt wurden, und NASA-Ingenieure brüten über Bergen von Daten, um zu verstehen, was in den Momenten geschah, als sich die COLUMBIA in 60 km Höhe über der Erde in ihre Einzelteile auflöste.

Der unabhängige Ausschuß, der das COLUMBIA-Unglück untersucht, hat sich am Montag zum ersten Mal auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Barksdale in Louisiana getroffen.

"Wir haben mit unserer Arbeit begonnen und wir werden gewissenhaft und schnell arbeiten, bis diese Angelegenheit aufgeklärt ist," erklärte der pensionierte Admiral Harold Gehman, Jr. als er die Leitung des Untersuchungsausschußes zum COLUMBIA-Unfall übernahm.

Das Trümmerfeld erstreckt sich auf mehr als 70.000 Quadratkilometern. Gruppen zu Pferd und mit Geländewagen durchsuchen die entlegenen und stark bewaldeten Gegenden.

Am späten Sonntag Abend trafen in Barksdale die ersten sterblichen Überreste von einigen der Astronauten ein. Sie werden hier von Pathologen des Institutes der Streitkräfte untersucht werden, erläuterte eine NASA-Sprecherin.

Die Astronauten, die bei dem Unglück um's Leben gekommen waren, sind der Kommandant Rick Husband, Pilot William McCool, Nutzlastkommandant Michael Anderson, die Missionsspezialisten David Brown, Kalpana Chawla und Laurel Clark, sowie der israelische Nutzlastspezialist Ilan Ramon, Israels erster Astronaut.

Chef der NASA: Sicherheit kommt immer zuerst

Der Administrator der NASA erklärte am Montag, daß alle Bedenken, die der Beratungsausschuß der Behörde über die Sicherheit der Raumfähre aufgeworfen hatte, sich in erster Linie eher auf die zukünftige Abfertigung und Überholung statt auf den nächsten Flug bezogen hätten und daß man die COLUMBIA niemals hätte starten lassen, wenn sie nicht einer rigorosen Inspektion unterzogen worden wäre.

"Wir machen uns in dieser Behörde tagtäglich Sorgen über die Sicherheit," meint Sean O'Keefe. "Es gibt nicht einen einzigen Flug, der nicht vor dem Start ein sehr sehr strenges, äußerst methodisch vorgenommenes Sicherheitsverfahren durchlaufen hat."

Die New York Times berichtete, daß fünf der neun Mitglieder des Beratungsausschußes der NASA im letzten Jahr entlassen worden wären, nachdem sie vor sich abzeichnenden Sicherheitsproblemen bei der Raumfährenflotte gewarnt hatten. Aber O'Keefe meinte dazu, daß sie nach seiner Kenntnis nur deshalb gegangen sind, weil ihre Amtszeiten abgelaufen waren.

O'Keefe hat am Montag Präsident Bush über die Untersuchungen bezüglich des COLUMBIA Unglückes in Kenntnis gesetzt. Nach dem Treffen hat er sich mit sechzehn Kongessmitgliedern getroffen.

Das Weiße Haus erklärte, daß Präsident Bush und seine Frau Laura dem Gedenkgottesdienst für die Besatzung der Raumfähre am Dienstag in Houston beiwohnen werden.

Alle Space Shuttle Flüge sind für's erste ausgesetzt worden, bis die NASA herausgefunden hat, was die Ursache für den Unfall gewesen ist. Die NASA meinte, daß die internationale Raumstation, auf der sich zur Zeit zwei amerikanische und ein russischer Raumfahrer aufhalten, genügend Vorräte an Bord habe, um die Besatzung bis Juni zu versorgen. Ein unbemanntes russisches Versorgungsfahrzeug war am Sonntag zur Station gestartet.

Auch heute haben die Behörden die Bevölkerung eindringlich davor gewarnt, aufgefundene Wrackteile des Raumfahrzeugs anzufassen, da sie mit giftigen Rückständen aus dem Treibstoffsystem des Manövriertriebwerkssystem der Raumfähre verseucht und weil sie von entscheidender Bedeutung für die Bestimmung der Unglücksursache sein könnten.

Weitere aktuelle Informationen entnehmen Sie bitte der ständig aktualisierten Statusberichtseite über den Verlauf der Untersuchung zum COLUMBIA-Unglück.

Quelle: CNN.com


letzte Änderung am 6. Februar MMIII