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Bericht 27. Februar 2007
Hagelsturm beschädigt ATLANTIS' Außentank
Startaufbau muß zur Reparatur in das Montagegebäude zurückgefahren werden - Start auf Mitte bis Ende April verschoben

Hagelschaden am Außentank
Oben: Der plötzliche heftige Hagelschauer hatte mit golfballgroßen Körnern tausende kleinere Löcher rund um die Nasenkappe in die Schutzisolierung des Außentanks geschlagen. (Photo: NASA/KSC)
Ein außergewöhnlich starker Hagelsturm, der am späten Montag Abend über die Raumfähre ATLANTIS hereingebrochen war, den Außentank beschädigt hat und die Rampenarbeiter Schutz hat suchen lassen, hat zu einer Verschiebung des für Mitte März geplanten Starts um rund einen Monat geführt, wie Missionsleiter der NASA am Dienstag erklärten.

Startrampenarbeiter bereiten nun die ATLANTIS für die Rücküberführung von der Startrampe 39A in das Montagegebäude (VAB) des Kennedy Raumfahrtzentrums (KSC) vor, wo ein Kader aus Inspektoren den 15 Stockwerke hohen Außentank und den Hitzeschild des Orbiters gründlich nach Hagelschäden absuchen und entsprechende Reparaturen ausführen soll. Die daraus resultierende Verzögerung wird NASA-Funktionären zufolge den Start auf frühestens 20. April zurückstellen.

"Dies stellt unserer bisherigen Erfahrung nach den schlimmsten Hagelschaden, den wir je am Außentank gesehen haben, dar", meinte Wayne Hale, der Shuttle-Programmleiter der NASA auf der Pressekonferenz am Dienstag. "Unterm Strich bleibt zu bemerken, daß wir das Startfenster im März nicht für einen Start ausnützen werden können."

Die Ankündigung kam in der Mitte der standardmäßigen, zwei Tage dauernden Flugbereitschaftsabnahmebesprechung (FRR) der NASA, bei der bestimmt werden sollte, ob ATLANTIS bereit für den anstehenden Raumflug sei.

Angeführt vom erfahrenen Shuttle-Astronauten Rick Sturckow bereiteten sich die Astronauten der Mission STS-117 für den Start am 15. März zur Internationalen Raumstation vor, um ein neues Photovoltaikmodul abzuliefern und zu installieren, das die Stromproduktion der ISS erhöhen soll. Um einen Start im März realisieren zu können, hätte die NASA die Raumfähre bis spätestens 25. März starten müssen, um die elftägige Mission rechtzeitig vor dem Start der neuen ISS-Besatzung am 7. April abschließen zu können.

Die aktuellen NASA-Richtlinien verlangen eine 72-stündige Pufferzeit zwischen einem abfliegenden und einem ankommenden Raumfahrzeug, um den ISS-Astronauten eine gewisse Ruhepause zwischen den dichtgepackten Arbeitsplänen zu gönnen. Der Besatzungsaustausch auf der ISS, der die Übergabe von Expedition 14 zu Expedition 15 markiert, sollte bis zum 20. April abgeschlossen sein, was den Weg für die Ankunft der Raumfähre ein paar Tage später freimacht, wie Hale erklärte.

Die Nutzlast der ATLANTIS, das Solarmodul S3/S4, soll gegen Ende der Woche aus der 18 Meter langen Ladebucht des Orbiters entladen werden. Das ermögliche die Rücküberführung des Shuttle-Startaufbaus zum VAB am Sonntag oder Montag, meinten die Missionsleiter.

Eine Hagel-"Explosion"

Nahaufnahme der Hagelschäden
Oben: Eine Nahansicht zeigt die Löcher, die die Hagelkörner durch die wasserabweisende Schutzlackierung in den Isolierschaum geschlagen haben. (Photo: NASA/KSC)
Hale erläuterte, der Hagelschauer vom Montag rührte aus einem äußerst lokal begrenztem Sturm, den NASA-Wetterexperten als "Explosion" bezeichneten, direkt über der Startrampe 39A des KSC in Florida.

Erste Abschätzungen wiesen darauf hin, daß Hagelkörner von der Größe von Golfbällen rund 7000 Dellen rund um die Nase des Außentanks verursacht haben, es sei aber möglich, daß nur ein paar hundert davon eine Reparatur erforderten, meinte John Chapman, der Projektleiter für den Außentank am Marshall Raumflugzentrum in Huntsville, Alabama, während der Pressekonferenz.

"Was wir im Augenblick tun müssen, ist sie zurück (in das VAB) zu bringen und genau zu bestimmen, was gemacht werden muß."

Kameras auf der Startanlage gaben einen ersten Eindruck von dem Hagelschaden am Treibstofftank und wurden von photographischen Inspektionen gefolgt. Der Schaden ist umfangreicher als der von 1999, als dem Außentank von STS-96 rund 650 Dellen geschlagen wurden, die 4 Tage der Reparatur und eine Startverschiebung von einer Woche nach sich zogen.

Ein 360 Grad Bereich um die Spitze des Außentanks herum und drei Eis/Frost-Rampen, die Halteklammern an der Außenseite isolieren, wurden von dem Hagelschlag beschädigt.

Vorläufige Begutachtungen fanden auch bis zu 27 kleinere Dellen an den Hitzeschutzkacheln an der Unterseite von ATLANTIS' linker Tragfläche, die jedoch nur auf einen oberflächlichen Schaden begrenzt zu sein scheinen. Dieser Schaden scheint von abprallenden Hagelkörnern herzurühren, der die schützende drehbare Zugangsstruktur (RSS) durchdrungen hat, die ATLANTIS vor dem Wetter schützt.

"Wir haben keinen Schaden am Orbiter gesehen, der uns Sorgen bereiten würde", meinte Startdirektor Mike Leinbach, und er fügte hinzu, daß die Arbeiter auf der Rampe vor dem Hagel in Deckung gehen mußten.

Wenn nur geringfügige Reparaturen notwendig werden, können die Techniker im VAB Plattformen und Gerüste um den Außentank aufbauen, um die Oberfläche zu sandstrahlen, auszuformen und mit neuem Isolierschaum zu verfüllen. Sollte der Tank aber vollständig unbrauchbar sein, ein Szenario, das die NASA-Verantwortlichen für unwahrscheinlich halten, müßte ATLANTIS bis zum 10. April auf die Ankunft des nächsten Außentanks warten, der eigentlich für die STS-118-Mission vorgesehen ist, was wegen der noch zu erfolgenden Überprüfungen und Vorbereitungen des Tanks den Start der Mission bis in den Juni verschöbe.

"Im Augenblick halten wir das für eher unwahrscheinlich", meinte Hale, "aber ausgeschlossen ist es nicht."

Die Integrität der Schaumisolierung, die die Außentanks der Shuttles umhüllt, ist seit dem COLUMBIA-Unglück von 2003 eine Hauptsorge der NASA-Ingenieure. Damals hatte sich ein koffergroßes Stück vom Tank abgelöst und war in den Hitzeschild des Orbiters eingeschlagen, was beim Wiedereintritt am 1. Februar 2003 zum Verlust des Fluggeräts und seiner siebenköpfigen STS-107-Besatzung geführt hatte.

Seither hat die NASA die Außentanks umkonstruiert, um die Menge des während des Starts abplatzenden Schaums zu vermindern und hat Maßnahmen ergriffen, die verhindern sollen, daß große Vögel unmittelbar nach dem Abheben mit dem Raumfahrzeug kollidieren, was ebenfalls eine Beschädigung des Hitzeschildes nach sich ziehen könnte, sollten sie den Orbiter treffen.

Hagelgeschichte

Hagel ist kein ungewöhnliches Phänomen an den Startanlagen der NASA in Florida und hat bereits in der Vergangenheit Orbiter und Treibstofftanks der NASA beschädigt, erklärten die Verantwortlichen.

Außer dem Schaden an STS-96 im Mai 1999 hatte Hagel bereits im Jahr 1990 Hitzeschutzkacheln der ATLANTIS vor dem Start zur Mission STS-38 beschädigt. Auch Spechte hatten schon einen Außentank vor dem Start beschädigt. Die Vögel hatten im Jahr 1995 rund 200 Löcher in den Außentank der Raumfähre DISCOVERY gehackt, die für den Start zur Mission STS-70 vorbereitet wurde.

Aber die aktuelle Veschiebung von ATLANTIS' Start auf April wird den Startplan der folgenden vier Shuttle-Flüge in diesem Jahr ebenfalls durcheinanderwerfen. Vor der jetzt erfolgten Verschiebung hatte die NASA den 28. Juni für einen Start der Raumfähre ENDEAVOUR zur Mission STS-118 angepeilt, ebenso wie den 26. August für ATLANTIS' Mission STS-120 und zwei weitere im Herbst diesen jahres, bei denen das europäische Raumlabor COLUMBUS und die erste Komponente des japanischen Raumlabors KIBO zur ISS geliefert werden sollten.

"Ich bin vollstens überzeugt davon, daß wir zum Jahresende wieder da sind, wo wir ohne diese zusätzlichen Komplikationen gewesen wären", erklärte Hale. "Sie werden einige veränderte Startdaten sehen, aber es werden keine großen Veränderungen sein und sie werden sich nicht über eine große Anzahl von Flügen fortpflanzen."

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 28. Februar MMVII