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Artikel 3. Juni 2010
Seltenes Marsgestein trägt Indizien über ehemaliges Wasser in sich
Karbonate wieder die heiße Spur - ihre Zusammensetzung von weiterem wissenschaftlichem Interesse

Karte der

Gegend um den Husband Hill
Oben: Positionsbild der Comanche-Gesteine in den Columbia Hills des Kraters Gusew auf dem Mars. Die gelbe Linie zeigt den Verlauf von SPIRITs Fahrt. Er befindet sich derzeit auf der linken Seite des Home Plate. (Photo: NASA/UA/HiRISE)
Clevere Detektivarbeit, die auf Daten des Mars-Rovers SPIRIT der NASA beruht, hat große Mengen einer seltenen Art von Marsgestein aufgedeckt. Dieses Gestein fügt der Annahme, dass der Rote Planet in der Vergangenheit einmal über flüssiges Wasser verfügt haben könnte, weitere Beweise hinzu.

Das Felsgestein ist reich an Karbonatmineralien und wurde in den so genannten Columbia Hills gefunden, einer "Insel" niedriger Hügel am Krater Gusew, die das Zuhause von SPIRIT auf dem Mars sind. SPIRIT besuchte das Felsgestein im Jahr 2005 bevor er sich an seiner derzeitigen Stelle dauerhaft festgefahren hatte.

Karbonate sind Mineralien, die Kohlendioxid enthalten und sich in der Gegenwart von Wasser leicht bilden. Wenn die Bedingungen also so waren, dass sich karbonathaltige Felsen bilden konnten, würde dies darauf hindeuten, dass es in der Region irgendwann einmal Wasser (und möglicherweise eine Umgebung, die einfache Lebensformen begünstigt) gegeben haben könnte.

"Karbonate entstehen, indem sie aus Wasser ausfällen. Also muss es in der Gegend als erstes einmal Wasser gegeben haben, damit sie sich hätten bilden können", erläuterte der führende Autor der Studie, Richard Morris, ein Planetenwissenschaftler am Johnson Raumfahrtzentrum (JSC) der NASA in Houston, Texas, gegenüber Space.com.

Es gibt jedoch keine endgültigen Beweise dafür, dass der Mars jemals Leben beherbergt hat.

Auf der Jagd nach seltenem Marsgestein

Bis jetzt waren geologische Anhaltspunkte über das Vorhandensein von Karbonaten auf der Marsoberfläche relativ dünn gesät. Ganz im Gegensatz zur Erde, wo es in Gegenden mit reichlich Wasser karbonatreiches Gestein (wie zum Beispiel Kalkstein) im Überfluss gibt.

Die Entdeckung des karbonatreichen Felsgesteins war für die Forscher eine Überraschung, da in der dortigen Gegend bereits früher viele Felsen gefunden worden waren, die keine Karbonate enthielten.

Das

Comanche-Gestein
Oben: Kleine Flügel stehen genau unter SPIRITs Arm wie Flossen von dem Comanche-Gestein ab (links). Sie bezeichnen die Stelle, wo karbonathaltiges Wasser aus dem Gestein herausgeflossen ist. Die Aufnahme wurde von der Hazcam-Kamera SPIRITs geschossen. (Photo: NASA/JPL/Cornell Universität)
"Die Felsen wurden am südöstlichen Ausläufer des Husband Hills in den Columbia Hills gefunden", erklärte Morris. "Als SPIRIT am Husband Hill den Abhang hinunter fuhr, trafen wir auf eine Menge Felsgestein, das keine Karbonate enthielt. Wir stießen dann auf dieses Gestein, analysierten es, und stellten dort schon fest, dass es ganz anders war, konnten aber bis vor kurzem nicht richtig verstehen, was genau daran anders war.

SPIRIT besuchte diese Felsen, die Comanche benannt wurden, schon im Dezember 2005 und führte damals auch erste Messungen durch. Die Bedeutung des Fundes wurde aber erst kürzlich wirklich offensichtlich.

"Wir haben lange dafür gebraucht und es hat viel Detektivarbeit gekostet, bis wir uns darüber im Klaren waren", erläuterte Morris.

Seit ihrer Landung im Januar 2004 haben die Zwillingsrover SPIRIT und OPPORTUNITY verschiedene Teile des Mars erkundet. Nun in ihrem siebten Jahr auf dem Mars, haben sie ihre ursprüngliche 90-Tages-Mission um ein vielfaches überschritten.

Letztes Jahr fuhr sich SPIRIT in tiefem Marssand fest und die NASA gab es etwas früher in diesem Jahr auf, ihn wieder frei zu bekommen. Zurzeit schläft der Rover und es könnte sein, dass er den harten Winter auf dem Mars nicht überlebt.

Unterdessen geht es OPPORTUNITY auf seiner Fahrt zum riesigen Krater Endeavour gut. Letzten Monat brachen die Rover den Rekord für die längste Mission auf der Marsoberfläche.

Die Detektive des Roten Planeten

Um die Entdeckung machen zu können, setzten die Forscher die gesamte Auswahl der zur Verfügung stehenden Instrumente des Mars-Erkundungsrovers (MER) ein. Dies beinhaltete zum einen das Alphateilchen-Röntgenspektrometer (APXS), das schon früh einen Hinweis gab, indem es das uncharakteristische Übermaß an leichten Elementen in dem Gestein feststellte. Zum anderen kam das Miniatur-Wärmeemissionsspektrometer (Mini-TES) zum Einsatz, ein Mineralienerkundungsinstrument, das die Karbonatmineralien erkannte.

Als SPIRIT Comanche 2005 zum ersten Mal besuchte, konnte das Mini-TES, das an der Staatsuniversität von Arizona (ASU) entwickelt wurde, die Karbonate in den Felsen nicht gleich ausmachen, weil das Instrument teilweise durch Marsstaub erblindet war.

"Das Mini-TES wurde schon Monate, bevor SPIRIT Comanche erreichte, von Staub überzogen und wir hatten damals keine guten Mittel den Staubeffekt zu korrigieren", äußerte Steve Ruff, ein Forschungswissenschaftler an der Mars-Raumflugeinrichtung der ASU und einer der Forscher um die Studie. "Wir wussten, dass an dem Spektrum der Felsgesteine, so wie es von Mini-TES gesehen wurde, etwas komisch war, wir wussten aber nicht, was die Ursache dafür war."

"Das Mössbauer-Spektrometer von SPIRIT deutete an, dass es sich möglicherweise um Karbonat handelt, ich glaubte es aber nicht", führte Ruff weiter aus.

Das

Comanche-Gestein
Oben: Mehr als vier Jahre nachdem der Mars-Rover SPIRIT das Comanche-Gestein besuchte, haben Wissenschaftler mit einer neuen Instrumentenkalibrierung entdeckt, dass die Felsen reich an den lang gesuchten Karbonatmineralien sind. Comanche (links) und der Comanche-Vorsprung (rechts) erscheinen in diesem Falschfarbenbild von SPIRITs Pancam-Kamera rot-braun. Die bläulich-weißen Felsen im Vordergrund gehören zu einer anderen Felsgruppe. (Photo: NASA/JPL/Cornell Universität)
Die Forscher entwickelten eine Kalibrierung, um die Spektraleffekte zu beseitigen und die Ergebnisse um den Staub zu korrigieren, der seinen Weg in die Instrumente gefunden hatte. Zusammen mit den Mössbauer-Daten und den chemischen Daten eines dritten Spektrometers war es dem Mini-TES möglich, die Karbonatmineralien in dem Comanche-Gestein zu bestätigen.

Die genaue Größe der Felsen zu messen, sei schwierig, meinte Morris, weil viele von ihnen unter der Marsoberfläche vergraben seien.

"Es gibt einen großen Felsen, der ungefähr fünf Meter breit ist", meinte er. "Die Felsen, an denen wir die meisten Messungen durchgeführt haben, waren überwiegend um die 1,5 Meter breit."

Die Forschungsergebnisse werden in der Online-Ausgabe des Journals "Science" vom 3. Juni genau beschrieben.

Wie haben sie sich gebildet?

Die Wissenschaftler erhoffen sich, dass die Analyse über die Zusammensetzung des Gesteins auch Nachweise darüber erbringen könnte, wie es sich gebildet hat.

"Die Marskarbonate haben eine etwas ungewöhnliche Zusammensetzung", erklärte Morris. "Das will uns irgendetwas sagen. Der nächste Schritt ist nun, die Prozesse zu untersuchen, die diese Karbonate hervorgebracht haben."

Oben: Aus der Nähe betrachtet, zeigt sich an dem Comanche-Gestein sowohl eine körnige Struktur, als auch mehrere Schichten. Wissenschaftler glauben, dass es sich um vulkanischen Gesteinsschutt handelt, der sich über vorher da gewesenes Gelände gelegt hat. Nachdem es abgelagert wurde, wurde das Gestein in hydrothermalem Wasser gebadet, das reich an Karbonatmineralien war. Dies ist eine Falschfarbenaufnahme von der Pancam-Kamera. (Photo: NASA/JPL/Cornell Universität)
Das Mineral ist reich an Magnesium und Eisen und ist wahrscheinlich durch hydrothermale Prozesse entstanden - durch Ausfällung aus dem heißen Wasser aus übrig gebliebenem Magma, das durch die vergrabenen Ablagerungen an Karbonatmineralien geflossen ist, erläuterte Morris.

Um weiter voranzukommen, werden die Wissenschaftler nun Aufzeichnungen der Erde durchsehen, um Karbonate zu finden, die ähnliche Zusammensetzungen wie die haben, die man auf dem Mars gefunden hat. Wenn man weiß, wie viel Karbonat sich in einem Felsen befindet, wird es den Wissenschaftlern möglich sein, mithilfe entsprechender Vergleichsproben von der Erde zu bestimmen, wie sie sich gebildet haben könnten.

Den Mars-Karbonaten auf die Spur kommen

Wissenschaftler suchen auf dem Mars schon seit Jahrzehnten nach Karbonatfelsen, weil diese Mineralien zum Verständnis der frühen Klimageschichte auf dem Roten Planeten und der tangentialen Frage, ob der Mars einmal Leben beherbergt haben könnte, entscheidend sind.

Tatsächlich wurden bereits früher kleine Mengen an Karbonatmineralien vom Mars entdeckt.

Der Meteorit ALH84001 vom Mars enthielt ca. ein bis zwei Prozent Karbonate und bis zu dem Comanche-Fund ging man davon aus, dass ALH84001 die höchste Konzentration an Karbonaten enthielt, die man bis jetzt in Gestein vom Mars gefunden hatte.

Das Comanche-Felsgestein ist jedoch viel reichhaltiger, es enthält zwischen 16 und 34 Prozent Karbonate.

Morris glaubt, es bestünde die Möglichkeit, dass karbonatreiche Felsen auch in anderen Regionen des Mars gefunden werden könnten. Kohlenstoffmineralien wurden auf dem Mars in der Region Nili Fossae entdeckt, die rund 6.300 km entfernt ist - was die Tür für ähnliche Forschungsergebnisse in der Zukunft öffnet.

Ruff schloss damit, dass "die Comanche-Daten den Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit nun seit vier Jahren zur Verfügung stünden. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass diese Daten noch Entdeckungen bereithalten, die möglicherweise wichtiger Natur sein könnten."

"Ob uns noch weitere Überraschungen erwarten?", ist Ruff gespannt. "Wer weiß? Ich wage aber eine kühne Vorhersage: Mit alten Daten werden noch mehr Entdeckungen gemacht werden."

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Joachim Dietlicher


letzte Änderung am 5. Juli MMX