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Artikel 3. August 2012
NASA gibt Empfänger neuer Fördergelder für Entwickler kommerzieller bemannter Raumfahrzeuge bekannt
SpaceX, Boeing und Sierra Nevada sollen insgesamt $1100 Millionen erhalten - Entscheidung des US-Kongress noch ungewiß

Rex Walheim in der DRAGON
Oben: Der frühere NASA-Astronaut Rex Walheim in einer DRAGON-Raumkapsel von SpaceX. (Photo: SpaceX)
Nach einem intensivem Wettbewerb hat die NASA am 3. August 2012 die Empfänger von bis zu $1100 Millionen (ca. €880 Millionen) Fördermitteln bekanntgeben, um die Entwicklung und Konstruktion kommerzieller bemannter Raumfahrzeuge fortzusetzen, mit denen die NASA Astronauten zur Internationaeln Raumstation transportieren will. Die Mittel werden zwischen den Unternehmen SpaceX, Boeing und Sierra Nevada Corp. aufgeteilt.

Obwohl es längst nicht klar ist, ob der Kongress auch genügend Haushaltsgelder bereitstellen wird, um alle drei Firmen gleichzeitig fördern zu können, erklärte NASA-Administrator Charles Bolden, ein früherer Raumfähren-Kommandant, daß dieses Programm von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der amerikanischen Raumfahrt sei.

"Heute verkünden wir einen weiteren wichtigen Schritt vorwärts, um wieder Astronauten von amerikanischem Boden an Bord von Raumfahrtsystem gebaut von amerikanischen Firmen in's All zu starten", sagte Bolden. "Wir haben drei Unternehmen ausgesucht, die Personentransportkapazitäten als vollintegrierte Systeme entwickeln und uns auf dem richtigen Weg halten, um das Auslagern unseres bemannten Raumfahrtprogramms abzuschließen."

Die Initiative zur Entwicklung Kommerzieller Integrierter Personentransportkapazitäten (CCiCap) ist die dritte Runde von Förderverträgen nach der Außerdienststellung der Raumfähren. Sie soll die Privatindustrie anregen, günstige bemannte Raumfahrzeuge zu entwickeln, die Besatzungen zur ISS und zurück zur Erde transportieren, und die Abhängigkeit der Behörde von russischen SOJUS-Fährenflügen, die den amerikanischen Steuerzahler $60 Millionen (ca. €48 Millionen) pro Sitz kosten, beenden.

Dreamchaser an der Raumstation
Oben: Künstlerische Darstellung des Dreamchasers von Sierra Nevada Corp. bei einem Anlegemanöver an der Internationalen Raumstation. (Abbildung: Sierra Nevad Corp.)
Die neuen Raumfahrzeuge könnten auch zu rein kommerziellen Zwecken geflogen werden, wobei die Sitze an Bord von anderen Regierungen und Firmen gebucht werden könnten, die Forschung, Erdbeobachtung oder andere noch zu definierende Zwecke im All betreiben wollen, wenn sich dafür ein kommerzieller Markt entwickelt.

"Dies ist eine Mischung aus sehr unterschiedlichen Firmen, jede mit einzigartigen Erfahrungen und Erfolgsstatistiken in der Luft- und Raumfahrtindustrie", meinte Bolden. "Indem wir diese drei Firmen gemeinsam fördern, stellen wir nicht nur weiteren Wettbewerb sicher, was gut für den Steuerzahler ist, sondern garantieren auch, daß wir uns nie wieder in einer Situation, wie wir sie jetzt haben, wiederfinden: daß wir nämlich von einem einzigen Anbieter abhängig sind, um unsere Besatzungen in's All zu bringen."

In die letzte Runde des Förderwettbewerbs waren vier Unternehmen mit ersten Konstruktionsstudien für Raumfahrzeuge gestartet: SpaceX aus Hawthorne im US-Bundesstaat Kalifornien, im Besitz und geführt von Internetunternehmer Elon Musk; Die Boeing Corp. aus Houston, die bereits große Erfahrung im US-Raumfahrtprogramm gesammelt hat; Sierra Nevada Corp. aus Louisville im US-Bundesstaat Colorado; und Blue Origin aus Kent im US-Bundesstaat Washington, einer verschlossenen Firma, die dem Amazon-Gründer Jeff Bezos gehört.

Drei weitere Firmen emtwickelten außerdem Konzepte auf der Basis von Vereinbarungen ohne Ausschüttung von Fördergelder.

Am 3. August hat die NASA dann die Liste der geförderten Firmen auf drei reduziert: SpaceX, Boeing und Sierra Nevada. Anders als bei früheren Entwicklungsstudien, verlangen die CCiCap-Verträge von den Teilnehmern, jeweils eine integrierte Lösung zu entwickeln, die Bodeninfrastruktur, Trägersystem und Raumfahrzeug beinhaltet.

CST-100
Oben: Die CST-100 von Boeing soll ebenfalls autonom am Kopplungsstutzen des HARMONY-Moduls der ISS anlegen. (Abbildung: Boeing, NASA)
SpaceX wird mit einem Vertrag über $440 Millionen (ca. €355 Millionen) gefördert, um die bemannte Version ihrer DRAGON-Raumkapsel zu entwickeln, die im Mai ihren ersten erfolgreichen Testflug zur Internationalen Raumstation absolviert hatte.

Die bemannte Kapsel von SpaceX soll Sitze für bis zu sieben Astronauten enthalten und auf einer aufgewerteten Version der von der Firma entwickelten Trägerrakete FALCON 9 in's All geschossen werden. Firmeningenieure planen ein raketengestützten Bodenlandesystem. erste Testflüge könnten schon im Jahr 2015 erfolgen, abhängig von der Finanzierung und dem entwicklungstechnischen Fortschritt.

"Dies ist ein entscheidender Meilenstein in der bemannten Raumfahrt und es setzt einen spannenden Kurs für die nächste Phase der amerikanischen Weltraumerkundung", erklärte SpaceX-Geschäftsführer Elon Musk in einer Stellungnahme. "SpaceX wird zusammen mit seinen Partner bei der NASA damit fortfahren, die Grenzen der Raumfahrttechnologie auszuweiten, um das sicherste und fortschrittlichste bemannte Raumfahrzeug zu entwickeln, das jemals geflogen ist."

Boeing wurde ein Fördervertrag über $460 Millionen (ca. €370 Millionen) gewährt, um seine Raumkapsel CST-100 zu entwickeln. Das Raumfahrzeug soll ebenfalls Platz für bis zu sieben Astronauten bieten und auf der Spitze einer ATLAS 5 Trägerrakete von United Launch Alliance gestartet werden. Die CST-100 soll an einem Fallschirm auf festem Boden landen. Sollten keine technischen Probleme oder Finanzierungsgründe dies verhindern, will man 2016 erste Testflüge durchführen.

Sierra Nevada wird mit $212,5 Millionen (ca. 170 Millionen) gefördert, um die Entwicklung an dem Raumflugzeug DREAMCHASER fortzusetzen. Der DREAMCHASER war ursprünglich von der NASA als Rettungsboot für die ISS entwickelt worden (Projekt X-38). Er soll wie die CST-100 von Boeing auf einer ATLAS 5 gestartet werden und ebenfalls bis zu sieben Personen befördern können. Wie die ausgemusterten US-Raumfähren soll er aber dann am Ende seiner Mission auf einer Landebahn aufsetzen.

DRAGON an der ISS
Oben: Die unbemannte Frachtkapsel DRAGON von SpaceX bei ihrer ersten erfolgreichen Mission zur ISS. Nach dem Einfangen mit dem Robotarm wird sie an dem zur Erde gerichteten Kopplungsstutzen des Knotenmoduls HARMONY angekoppelt. (Photo: NASA)
Die CCiCap-Verträge laufen von jetzt an bis zum 31. Mai 2014. Obwohl bemannte Testflüge bereits schon 2015 aufgenommen werden können, erklärten die Verantwortlichen bei der Behörde, daß reguläre NASA-Flüge zur ISS aufgrund vorangegangener Haushaltskürzungen nicht vor 2017 erfolgen können.

"In den nächsten 21 Monaten werden diese Partner Tests durchführen und ihre Konstruktionen vervollkommnen", erläuterte Bolden. "Durch diese Initiative hilft die NASA dem privaten Sektor, die Kapazität für bemannte Raumflüge zu entwickeln, die schließlich bemannte Raumfahrtdienste sowohl für die Regierung als auch für kommerzielle Kunden zur Verfügung stellen soll."

Im Jahr 2004 hatte die Regierung Bush die NASA angewiesen, die Internationale Raumstation zuende zu bauen und die Raumfähren bis Ende 2010 außerdienst zu stellen, um Gelder für eine neue Initiative freizumachen, durch die eine antarktisartige Basis auf dem Mond errichtet werden sollte. Aber die Regierung hatte dieses Constellation-Mondprogramm nie richtig finanziert und Präsident Obama entschied daraufhin einen drastischen Kurswechsel.

Das Mondprogramm wurde gestrichen und die NASA angewiesen, einen zweigleisigen Ansatz für die bemannte Raumfahrt zu verfolgen. Die ORION-Raumkapsel, die ursprünglich vom Constellation-Programm für Flüge zum Mond vorgesehen war, soll nun für Flüge zu verschiedenen Zielen im tiefen Weltraum eingesetzt werden. Das ultimative Ziel soll dabei ein Flug zum Mars in den 2030ern sein.

Die Regierung Obama hatte zunächst die Entwicklung der Schwerlastrakete, die für interplanetare Missionen benötigt wird, zurückgestellt, aber Raumfahrtunterstützer im US-Kongress setzten sich dafür ein, die Entwicklung der Rakete zu beschleunigen. Ein erster Testflug ist für 2014 geplant.

Die NASA wurde außerdem angewiesen, eine kommerzielle Initiative zur Entwicklung neuer bemannter Raumfahrzeuge zu finanzieren, um die Raumstation in der niedrigen Erdumlaufbahn zu versorgen. Aber die Unterstützung für die kommerzielle Initiative im Kongress ist deutlich gemischter.

Die Regierung hat in ihrem Haushaltsentwurf für 2012 $800 Millionen (ca. €640 Millionen) für kommerzielle bemannte Raumfahrt beantragt, aber der US-Kongress hat nur $400 Millionen (ca. €320 Millionen) genehmigt, eine Kürzung, die die ersten Flüge zur Raumstation auf 2017 zurückwerfen.

Dieses Jahr hat die Regierung in ihrem Haushaltsentwurf für 2013 insgesamt $830 Millionen (ca. €660 Millionen) beantragt. Erste Debatten im Repräsentantenhaus riefen danach, die Förderung auf eine einzige Firma zu beschränken, aber schließlich wurde ein Kompromiß über eine Gesamtförderung von $500 Millionen (ca. €400 Millionen) erreicht.

Aber die vollen $900 Millionen, die die drei CCiCap-Verträge ausschreiben, müßten nur ausgeschüttet werden, falls alle drei Firmen mit der Entwicklung fortfahren. Sollte aber ein Haushalt, der die volle Förderung für alle drei abgelehnt werden, oder wenn eine Pattsituation bei den Haushaltsverhandlungen eintritt und eine Fortführungsentscheidung erforderlich ist, könnte eine der drei Firmen aus der Förderung herausfallen.

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 12. August MMXII