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Artikel 14. Mai 2009
Weltraumobservatorien Herschel und Planck erfolgreich gestartet
Ariane 5 ECA bringt am Nachmittag die Teleskope auf Übergangsbahn zum Lagrange-Punkt - Ursprünge des Universums liegen im Fokus der Hochleistungsoptiken

Start von HERSCHEL und PLANCK
Oben: Auf der Spitze einer Ariane 5 ECA starten die beiden Weltraumobservatorien HERSCHEL und PLANCK vom Weltraumbahnhof Kourou in's All. (Photo: Arianespace)
Die ESA hat heute ein ambitioniertes astrophysikalisches Projekt in's All gestartet. Auf der Spitze einer Ariane 5 ECA hoben die beiden Weltraumteleskope HERSCHEL und PLANCK um 15:12 Uhr MESZ vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ab und wurden nur 30 Minuten später von der Oberstufe auf der Übergangsbahn zum Lagrange-Punkt L2 ausgesetzt. Der L2 befindet sich in 1,5 Millionen Kilometer Entfernung auf der direkten Verbindungslinie Sonne-Erde hinter der Erde.

Dort angekommen werden sie tief in das Universum hinausblicken, um weitere Geheimnisse, die sich um die Entstehung des Kosmos, speziell dem Urknall, ranken, zu enträtseln.

Um 15:49 Uhr MESZ, weniger als 40 Minuten nach dem Start, sandten HERSCHEL und PLANCK die ersten Funksignale zur Erde, um zu bestätigen, daß sie sich erfolgreich von ihrem Träger getrennt hätten und gesund sind.

HERSCHEL, der obere Passagier der Ariane 5, war der erste, der von der Oberstufe um 15:37 Uhr in einer Höhe von 1140 km über der Ostküste Afrikas freigegeben worden war. Rund 1,5 Minuten später wurde die SYLDA-Trägerstruktur, die PLANCK umgab, abgeworfen. Dies wurde gefolgt von der abtrennung von PLANCK selbst um 15:40 Uhr in einer Höhe von 1700 km etwas östlich der Ostküste von Afrika.

Die Satelliten schalteten nach der Abtrennung ihre eigenen Lageregelungs- und Kommunikasysteme ein und errichteten eine Kommunikationsverbindung mit der Erde. Die Signale wurden von der 35-Meter-Antenne des Weltraumkommunikationsnetzwerkes der ESA in New Norcia, Australien empfangen.

Die Missionsleitteams am Europäischen Raumfahrtbetriebszentrum (ESOC) in Darmstadt werden in den nächsten Stunden weitere Telemetriedaten von HERSCHEL über New Norcia und von PLANCK über die ESA-Antenne in Perth in Empfang nehmen. Die Betriebsingenieure am Missionsleitzentrum werden diese Daten analysieren, um den allgemeinen Zustand der Satelliten nach dem Start zu bestimmen.

Nahezu unmittelbar nachdem der Telemetrieempfang beginnt, werden die Ingenieure die genauen Flugbahnen der beiden Raumfahrzeuge bestimmen, so daß sie die geplanten Bahnänderungsmanöver präzise vorausplanen können.

Abtrennung von HERSCHEL
Oben: HERSCHEL wurde nach 25 Minuten vom Doppelnutzlastadapter SYLDA 5, die schwarze Hülle auf der Oberstufe, abgetrennt. Unter der SYLDA wartete PLANCK, der rund 5 Minuten nach HERSCHEL und nach dem Abwerfen des Adapters ebenfalls freigegeben wurde. (Abbildung: ESA)
Eine Reise zu den Anfängen des Universums

HERSCHEL ist ein großes Weltraumteleskop, das im fernen Infrarotspektrum einige der kältesten Objekte im Weltraum untersuchen wird. Dieser Teil des elektromagnetischen Spektrums wurde bisher kaum erforscht. Das Weltraumteleskop PLANCK soll dagegen das Licht aus den Anfängen des Universums –dem sogenannten Big Bang oder Urknall– mit bisher unerreichter Empfindlichkeit und Genauigkeit aufzeichnen.

Das 7,5 m hohe und 4 m breite HERSCHEL-Teleskop ist das größte Infrarotteleskop, das je gestartet wurde. Die extrem glatte Oberfläche des Hauptspiegels, der einen Durchmesser von 3,5 m hat und aus leichtem Siliziumkarbid gefertigt ist, ist fast eineinhalbmal größer als der von HUBBLE und sechsmal größer als der Spiegel seines Vorgängers ISO, der von der ESA 1995 gestartet wurde.

Mit der riesigen Kapazität zum Einfangen auch schwächsten Lichtes und äußerst anspruchsvollen Detektoren, die durch mehr als 2000 Liter superfluidem Helium auf eine Temperatur von nahezu Null Grad Kelvin, also dem absoluten Nullpunkt, gekühlt werden, wird HERSCHEL auch die schwächsten und entferntesten Infrarotquellen erfassen. Seine Detektoren werden damit Neuland im fernen infraroten und Submillimeterteil des elektromagnetischen Spektrums betreten.

Den Instrumenten von HERSCHEL ist es so möglich, den lichtundurchlässigen kosmischen Staub und Gaswolken zu überwinden und so Strukturen sowie Ereignisse des fernen und alten Universums zu beobachten. Das können die Geburt und Entwicklung früher Sterne und Galaxien bis vor zehn Milliarden Jahren sein. HERSCHEL wird aber auch extrem kalte Objekte in unserer Galaxis, der Milchstrasse, erforschen. Aus diesen Objekten, Staubwolken und interstellares Gas, bildeten und bilden sich Sterne und Planeten, genauso wie Atmosphären um Kometen, Planeten und ihre Monde in unserem Sonnensystem.

PLANCK
Oben: Das PLANCK-Observatorium soll den Himmel im Mikrowellenbereich des Spektrums abtasten und eine noch präzisere Karte von der Verteilung der kosmischen Hintergrundstrahlung als ihr Vorgänger WMAP erstellen. Mit den WMAP-Daten konnte das Alter des Universums bis auf eine Ungenauigkeit von 1% auf 13,7 Milliarden Jahre bestimmt werden. PLANCK soll die Ungenauigkeit auf deutlich unter 1% senken. (Abbildung: ESA)
Mit seinen Instrumenten, die die Mikrowellenstrahlung erfassen, und einem Teleskop von 1,5 m Durchmesser soll PLANCK Temperaturschwankungen aus der ersten Zeit des Universums erfassen. Es zeichnet dabei den sogenannten kosmischen Mikrowellenhintergrund (Cosmic Microwave Background) auf, der ein Relikt des ersten Lichtes ist, das 380 000 Jahre nach dem Urknall emittiert wurde.

Zu dieser Zeit waren Dichte und Temperatur des jungen Universums so weit gesunken, das das Licht sich von der Materie trennen und nun frei im Weltraum ausbreiten konnte.

Die Instrumente von PLANCK arbeiten bei bisher nicht erreichten niedrigen Temperaturen und bieten so eine einmalige Empfindlichkeit und Auflösung. Die Forscher wollen so durch die Erfassung winzigster Temperatur-Fluktuationen in der Mikrowellenhintergrundstrahlung 15 Mal mehr Informationen über den Ursprung, die Evolution und die Zukunft des Universums erhalten, als das bei Vorläufermissionen, wie WMAP und COBE möglich war.

Die Detektoren von HERSCHEL werden auf 0,3 Grad über dem absoluten Nullpunkt gekühlt, während PLANCKs Detektoren noch geringere Temperaturen bei nur 0,1 Grad über dem absoluten Nullpunkt erreichen. So wird sich während der Mission der kälteste Punkt des Universums innerhalb der PLANCK-Raumsonde befinden. Der Satellit soll rund 500 Milliarden Messungen vornehmen. Aus diesen Rohdaten wird auf der Erde dann eine Himmelskarte mit einer Auflösung von mehreren Millionen Pixeln erstellt. Die Karte soll den Wissenschaftlern helfen, die Struktur des Universums besser zu verstehen, als es jemals zuvor möglich war. PLANCK ist in der Lage, die Gesamtzahl der Atome im Universum zu bestimmen und daraus auf die Dichte der Dunklen Materie zu schließen. Dunkle Materie ist eine schwer zu fassende Form der Materie, die bisher nicht direkt beobachtet werden konnte, aber sich durch Effekte verrät, die sie in ihrer Umgebung erzeugt und die beobachtet werden können. PLANCK soll so mehr Licht in die Natur dieser mysteriösen Energieform bringen.

Anspruchsvolles Projekt

Die Doppelmission steht unter Federführung der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die mit beiden Teleskopen völlig neue Technologien umsetzt und damit einen riesigen Erkenntnissprung vollzieht. Wie üblich in Europa verantwortet und bezahlt sie Auswahl, Entwicklung und Durchführung des Gesamtprojektes. Darin eingeschlossen sind der Start und der Betrieb der Teleskope. HERSCHEL kostet die ESA rund 1,1 Milliarden Euro, PLANCK gut 700 Millionen Euro. Die wissenschaftlichen Experimente werden hingegen von den beteiligten Ländern finanziert.

Die europäische Industrie übernahm den Bau der Raumsonden, die ihr nicht nur die Auftragsbücher füllten, sondern dank zu entwickelnder Technologien international Wettbewerbsvorteile verschaffen. Als industrieller Hauptauftragnehmer beider Teleskope wurde das französische Unternehmen Thales-Alenia Space in Cannes ausgewählt. Dieser Firma oblag das Kunststück, die Industrie in den ESA-Mitgliedsländern entsprechend der nationalen Beitragszahlungen zu beteiligen.

Quelle: ESA, Arianespace
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 14. Mai MMIX