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Artikel 12. Mai 2010
Apollo-Legenden stellen den Wechsel zur kommerziellen Raumfahrt in Frage
Ehemalige Mondfahrer skeptisch - Befürchtungen, dass sowohl geplante finanzielle Mittel wie auch der angesetzte Zeitplan nicht ausreichen könnten

Apollo-17-Kommandant Eugene Cernan
Oben: Apollo-17-Kommandant Eugene Cernan. (Photo: RNASA]
Der Kommandant der Apollo-17-Mission Eugene Cernan, der letzte Mensch auf dem Mond, sagte Abgeordneten gegenüber, dass der Plan der Obama-Administration, die kurzfristige bemannte Raumfahrt von der NASA auf die Privatwirtschaft zu verlagern, eine zehnjährige Lücke zwischen dem Ende des Raumfährenprogramms und dem Anfang von betriebssicheren kommerziellen Raketen bedeuten könnte.

Er äußerte weiter, dass NASA-Chef Charles Bolden ihm und Apollo-11-Kommandant Neil Armstrong (dem ersten Menschen auf dem Mond) in einer kürzlich geführten Telefonkonferenz mitgeteilt hätte, dass er [Bolden] die Sorge habe, dass die NASA die kommerziellen Raketenfirmen möglicherweise subventionieren müsse, sollten sie in größere Schwierigkeiten geraten.

"Dies könnte ein heikler Punkt sein, da ich etwas über einen lieben Freund erwähnen werde, zu dem ich den größten Respekt empfinde: Charlie Bolden", erklärte Cernan gegenüber dem US-Senatsausschuss für Handel, Wissenschaft und Transport.

"Wir hatten letzte Woche ein Gespräch, und es war in diesem Gespräch, dass Charlie einige Bedenken zum Ausdruck brachte, was das Potenzial des kommerziellen Sektors anging, in einem angemessenen Zeitraum erfolgreich zu sein. Er deutete an, dass wir sie möglicherweise mit Subventionen unterstützen müssten bis sie erfolgreich sind.

Und ich kann mit Verbindlichkeit sagen, weil ich es aufgeschrieben und das Wort 'Wow' direkt daneben vermerkt habe, dass Charlie doch tatsächlich aüßerte, dass es eine Rettungsaktion wie bei GM und Chrysler werden könnte. Das könnte in der Tat die größte Rettungsaktion in der Geschichte werden."

Zu einem früheren Zeitpunkt während der Anhörung wurde Bolden gefragt, ob er das Wort "Rettungsaktion" während des Gesprächs mit Cernan und Armstrong benutzt hätte.

"Ich bin mir nicht sicher, ob ich das gesagt habe", antwortete Bolden. "Ich weiß nicht, wer in dem Raum gewesen ist. Ich habe immer gesagt, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, um den Erfolg der kommerziellen Unternehmen für den Zugang zur erdnahen Umlaufbahn zu unterstützen. [...] Ich bin ein Mensch, der Möglichkeiten plant. Ich muss die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der kommerzielle Sektor möglicherweise Probleme haben wird, und wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um deren Erfolg zu unterstützen. Das ist es also, was ich gemeint hatte."

Die neue Weltraumrichtlinie des Präsidenten wurde im Zuge des Haushalsentwurfs für 2011 enthüllt. Sie bedeutet einen radikalen Kurswechsel für die NASA, während die Behörde Mühe hat, die Internationale Raumstation fertigzustellen und ihre Raumfähren zum Jahresende außer Dienst zu stellen.

Aufgrund von vorangegangenen Finanzierungslücken während der Regierung Bush stand die NASA bereits vor einer Vier- bis Fünfjahreslücke zwischen dem Ende der Raumfähren und dem Anfang der ARES 1-Trägerrakete und der Orion-Kapsel, die als Teil des Constellation-Mondprogramms in der Planung waren. Die NASA kauft derzeit Sitzplätze auf den russischen SOJUS-Raketen, um amerikanische Astronauten zur Internationalen Raumstation hin und wieder zurück zu bringen.

Die Obama-Administration plant das Constellation-Programm und die ARES-Raketen zu streichen, die die NASA entworfen hatte, um die Raumfähren zu ersetzen. Stattdessen wird die Raumfahrtbehörde die Entwicklung neuer kommerzieller Trägerraketen und Raumkapseln finanzieren, um die kurzfristige Abhängigkeit von Russland zu beenden. Es gibt derzeit keine solchen Trägerraketen oder Raumfahrzeuge, die die NASA als für bemannte Flüge zertifiziert einstuft - also u. a. von der NASA für sicher genug gehalten werden, um Menschen zu transportieren. Bolden äußerte jedoch am Mittwoch, dass er glaube, dass die Privatwirtschaft ungefähr 2015 soweit sein könne, Astronauten zur Station zu bringen.

Cernan bezweifelte diesen Zeitplan. Er meinte, dass die Lücke viel größer werden könnte.

"Dieser Haushaltsentwurf enthält mehrere Milliarden Dollar, die dafür vorgesehen sind, den bemannten Transport in die erdnahe Umlaufbahn zu entwickeln und die sich auf die Annahmen und Behauptungen derer gründen, die um diesen exklusiven Vertrag wetteifern. Es sind diese Leute, die sagen, dass sie dieses Ziel in weniger als drei Jahren erreichen können und dass dies für weniger als $5 Milliarden (umgerechnet gut €4 Milliarden) möglich ist."

"Auf der Grundlage meiner persönlichen Erfahrung und aufgrund dessen, was ich glaube, was im Bereich des Machbaren liegt, denke ich, dass es bis zu einem Jahrzehnt, einem vollen Jahrzehnt, dauern könnte, und die Kosten könnten zwei- oder dreimal so hoch ausfallen, wie sie vorhersagen."

Während Cernan und Armstrong beide erklärten, dass sie die Entwicklung des kommerziellen Weltraumbetriebs unterstützten, meinte Cernan, dass "es in der Zukunft noch eine Myriade an technischen Herausforderungen zu bewältigen gäbe, Sicherheitsüberlegungen existierten, die man nicht übersehen oder gefährden dürfe, und Geschäftskonzepte und Investoren da seien, die sie zufrieden stellen müssten."

"All das wird zu unvorhergesehenen Verspätungen führen und den amerikanischen Steuerzahler Milliarden an nicht zugewiesenen Dollars kosten sowie die Lücke zwischen der Außerdienststellung der Raumfähren und dem Tag, an dem wir die erdnahe Umlaufbahn wieder erreichen können, in die Länge ziehen. Als Nation wird uns das auf unbestimmte Zeit in die Zukunft geiseln, sodass wir ausländischen Mächten gegenüber ausgeliefert sind."

Armstrong stimmte dem zu, indem er meinte: "Ich bin sehr besorgt darüber, dass der neue Plan, so wie ich ihn verstehe, es uns unmöglich macht, mit unseren eigenen Raketen und Raumfahrzeugen bemannten Zugang zur erdnahen Umlaufbahn zu haben bis die private Raumfahrtindustrie in der Lage sein wird, ihre in der Entwicklung befindliche Gerätetechnik als für den bemannten Transport sicher zertifiziert zu bekommen."

Apollo-11-Kommandant Neil Armstrong
Oben: Apollo-11-Kommandant Neil Armstrong. (Photo: NASA/Bill Ingals)
"Ich unterstütze die Förderung der Neulinge in ihrem Ziel, günstigeren Zugang zum Weltraum zu schaffen", teilte er mit. "Weil ich mich aber seit mehr als 50 Jahren mit Raketen beschäftige, bin ich nicht zuversichtlich. Die erfahrensten Raketeningenieure, mit denen ich gesprochen habe, glauben, dass es viele Jahre und beträchtliche Investitionen brauchen wird, bis der nötige Grad an Sicherheit und Verlässlichkeit erreicht sein wird."

"Wenn dem so ist", fuhr Armstrong fort, "werden die Vereinigten Staaten darauf begrenzt sein, Flüge zur Internationalen Raumstation von Russland zu kaufen und es wird ihnen nicht möglich sein, zu anderen Zielen in der erdnahen Umlaufbahn zu reisen, wie z. B. dem Weltraumteleskop HUBBLE, oder irgendeinem Ziel, das häufig genannt wird und an der Weltraumgrenze liegt.

Wenn ich mir den Plan so ansehe, wie er bei dessen Bekanntgabe und den folgenden Erklärungen angegeben wurde, stoße ich auf eine Anzahl von Behauptungen, die bestenfalls einer sorgfältigen Analyse bedürfen und im schlechtesten Fall eine Analyse nicht mal Wert sind."

"Es wurde behauptet", so äußerte Armstrong gegenüber dem Ausschuss weiter, "dass, indem wir Taxis in die erdnahe Umlaufbahn kaufen, anstatt die Taxis selbst zu besitzen, 'wir sicherstellen können, dass strikte Sicherheitsstandards eingehalten werden'. Die Logik dieser Aussage ist unerklärlich."

"Heißt das nun, dass die Sicherheitsstandards durch Verordnungen erreicht werden sollen, oder durch Verträge, oder durch Regierungsbeteiligung?", fragte er. "Heißt das nun, dass die Erwägungen zur Sicherheit bei der Entwicklung, Konstruktion und dem Test der Taxis durch die Überwachung der Regierung sichergestellt werden? ... Die Kosten dieser Regierungsbeteiligung werden beträchtlich sein und diese Kosten müssen im Rahmen der Gesamtkosten der Dienstleistung plausibel gemacht werden."

Bei der ursprünglichen Haushaltseinführung der Regierung Obama gab es keine konkreten Pläne eine neue Schwerlastrakete zu bauen, die die riesige ARES V des Constellation-Programms ersetzen soll. Und es gab keine festen Zeitpläne für bemannte Flüge über die erdnahe Umlaufbahn hinaus.

Während seines Besuchs am Kennedy Raumfahrtzentrum im letzten Monat gab der Präsident bekannt, 2015 mit der Entwicklung einer neuen Schwerlastrakete weiterzumachen, um der bemannten Raumfahrt dabei einen Schub zu geben, über die Erdumlaufbahn hinaus zu irgendeinem einer Reihe von Zielen im tiefen Weltraum zu gelangen.

Sowohl Armstrong wie auch Cernan sagten, sie würden es vorziehen, am Constellation-Programm festzuhalten. Doch der Vorsitzende des Ausschusses, John D. Rockefeller, ein Demokrat aus West Virginia, meinte, dass der Status quo keine Option sei.

"Der Präsident hat die Regierung der Vereinigten Staaten dazu aufgefordert, sich um eine bessere internationale Zusammenarbeit zu bemühen, kommerzielle Dienste zu ermöglichen und neue Explorationstechnologien zu entwickeln, die zur menschlichen Entfaltung über die erdnahe Umlaufbahn hinaus führen werden", führte er weiter aus.

"Dies sind gute Prioritäten und sie sollten dabei helfen sicherzustellen, dass wir in finanziell angespannten Zeiten unsere Weltraumzukunft auf wohl überlegte, passende, erfinderische und nachhaltige Weise bauen. Das ist nicht einfach, aber wir können das schaffen - und wir müssen das schaffen. Die NASA kann nicht damit fortfahren, auf dem gleichen Weg zu bleiben."

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Joachim Dietlicher


letzte Änderung am 18. Mai MMX