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Artikel 25. März 2011
Wasserbetriebenes Raumschiff könnte billige Flüge zum Mars ermöglichen
Studie legt die Gründe dafür dar - auch Vorschlag zur Umsetzung der Vision enthalten

Künstlerische Darstellung einer Weltraumkutsche
Oben: So stellt sich ein Künstler eine "Weltraumkutsche" vor, ein mit Wasser betriebenes Konzept-Raumfahrzeug, das gerade nahe des Marsmonds Phobos unterwegs ist. Die Zylinder sind mit einander verbundene Wohnmodule und die flacheren Bereiche sind Sonnensegel. (Abbildung: Robert Becker, www.robertbecker.com)
Einer jüngeren Studie zufolge könnten Raumschiffe, die hauptsächlich mit Wasser betrieben werden, den Zugang zum Sonnensystem ermöglichen, um es erforschen zu können. Dies würde Flüge zum Mars und anderen entlegenen Orten viel günstiger machen.

Eine Reise in einem wasserbetriebenen Raumfahrzeug zum Mars und zurück könnte gerade einmal nur so viel kosten wie ein einziger Shuttle-Start heute, sagten Wissenschaftler. Die Idee dabei ist, diese "Weltraumkutschen" zwischen den einzelnen Reisen in der Umlaufbahn zu belassen. So würde deren relativer Wert über die Zeit steigen, weil für diese Fahrzeuge der bei Einzelmissionen nötige teure Start von der Erde entfällt.

Zurzeit ist die wasserbetriebene Weltraumkutsche nur ein Konzept, könnte aber schon sehr bald Wirklichkeit werden, fügten die Wissenschaftler hinzu.

"Die Herausforderung besteht in der Systemintegration", äußerte der führende Autor der Studie, Brian McConnell, ein Softwareingenieur und Technologieunternehmer. "Die Basistechnologie gibt es bereits."

Weltraumkutsche: Grundlagen

Beim Weltraumkutschen-Konzeptfahrzeug konzentriert sich fast alles auf das Wasser und so wird es auch mit Wasser betrieben. Da sind als erstes einmal die solarbetriebenen elektrothermischen Triebwerke. Diese Triebwerke würden das Wasser extrem stark erhitzen und der daraus entstehende Dampf würde dann aus einer Düse ausströmen, um den nötigen Vortrieb zu erzeugen.

Elektrothermische Triebwerke sind sehr effizient und eignen sich sehr gut für Reisen mit kontinuierlicher, langsamer Vorschubkraft. Diese Antriebsart würde den Löwenanteil der Arbeit erledigen und die Weltraumkutsche von der Erdumlaufbahn aus zum Mars bringen.

"Kleinere chemisch betriebene Raketen könnten von Zeit zu Zeit eingesetzt werden, wenn eine schnelle Änderung der Geschwindigkeit benötigt wird", erklärte McConnell.

Die Wohnräume der Weltraumkutsche wären aus einer Reihe von mit einander verbundenen Wohnmodulen zusammengesetzt. Diese wären, so die Wissenschaftler, erweiterbar und würden aus Gewebe bestehen - ganz ähnlich der aufblasbaren Module des Unternehmens Bigelow Aerospace, die bereits in der erdnahen Umlaufbahn eingesetzt und getestet wurden.

Zweitens würde das Wasser auch einen großen Teil des Aufbaus der Weltraumkutsche ausmachen, wie die Studie darstellt. Indem es um die Wohnmodule herum angebracht wäre, würde es eine gute Abschirmung gegen Strahlung bieten. Es könnte genauso gut in das Gewebe selbst mit eingebracht werden und dann zu einem starken und starren Schutz gegen Trümmerteile gefrieren, wenn die Struktur der extremen Kälte des Weltraums ausgesetzt wird.

In bestimmten Teilen des Schiffs könnte eine künstliche, erdähnliche Schwerkraft hergestellt werden, indem man das Raumfahrzeug in eine Drehbewegung versetzt.

Die Kosten von Weltraumreisen drastisch reduzieren

Die Abhängigkeit von Wasser als Haupttreibstoff würde die Weltraumkutsche zu einem relativ günstig zu betreibenden Fahrzeug machen, meinen die Wissenschaftler. Das kommt zum einen daher, dass die elektrothermischen Antriebe so effizient sind. Zum anderen ist dies auf die Tatsache zurückzuführen, dass der Einsatz von Wasser als Treibstoff dafür sorgt, dass der Großteil des Schiffes verbrauchbar bzw. wiederverwertbar ist.

Weil es weniger Materialien gibt, die nur einmal eingesetzt werden können, verringert sich das Eigengewicht deutlich. Wasser, das erst einmal zum Schutz vor Strahlung dient, könnte später zum Beispiel für die Triebwerke verwendet werden. Gemäß der Studie könnten diese kombinierten Faktoren zu enormen Kosteneinsparungen gegenüber einer "traditionellen" Raumfahrzeugsmission zum Mars führen, die bis jetzt noch chemische Raketen benutzen würde.

Space.com gegenüber sagte McConnell, dass "dies insgesamt die Kosten um den Faktor 30 oder sogar noch mehr verringern würde." Er schätzt, dass eine Mission zum Marsmond Phobos und zurück zum Beispiel für weniger als eine Milliarde US-Dollar realisiert werden könne.

McConnell fügte hinzu, dass eine Reise mit der Weltraumkutsche auch viel komfortabler wäre. Das Schiff würde riesige Mengen an Wasser mit sich führen und so könnten Astronauten möglicherweise Nahrungsmittel ziehen und, welch Luxus, sogar ab und zu ein heißes Bad nehmen.

McConnel und sein Co-Autor Alexander Tolley veröffentlichen ihre Studie letzten März in dem englischsprachigen Journal der Britischen Interplanetarischen Gesellschaft (British Interplanetary Society).

Eine ganze Flotte Weltraumkutschen?

McConnel stellt sich vor, dass Weltraumkutschen im Sonnensystem umher reisen und jedes Fahrzeug in der erdnahen Umlaufbahn wieder Wasser tanken geht, wenn dies erforderlich wird. Zukünftig könnte Wasser während der Reise der Weltraumkutsche bezogen werden. So könnte Wasser zum Beispiel von einem Asteroiden oder einem Marsmond gefördert werden.

"Auch könnten Teile des Raumschiffs in der Umlaufbahn ausgetauscht oder verbessert werden und dies würde dabei helfen, die Weltraumkutschen jahrzehntelang in einem guten Betriebszustand halten zu können", erläuterte McConnell. Jede Mission, die aus der erdnahen Umlaufbahn heraus operiert, wäre bei weitem billiger als alles, was vom Boden aus gestartet wird.

McConnell ist der Meinung, dass eines Tages eine ganze Flotte von Weltraumkutschen am Himmel unterwegs sein könnte, jedes Schiff unter einer anderen Flagge - wenn dazu nur einer den ersten Schritt wagt.

"Wenn sich nur einer dazu entscheiden würde, so denke ich, würde dies eine Menge weiterer Aktivität auslösen", führte McConnell weiter aus. "Ich glaube, kein Land würde dabei gerne ins Hintertreffen geraten."

Von der Vision zur Realität

"Um die Weltraumkutsche Wirklichkeit werden zu lassen, sind keine großen technischen Neuerungen notwendig", äußerte McConnel. So wurden zum Beispiel nicht nur die erweiterbaren Wohnmodule des Bigelow-Unternehmens bereits im Weltraum getestet, sondern auch mehrere verschiedene Ausführungen von elektrothermischen Triebwerken. "Da müsste nicht viel Neues an Technologie gebaut werden", sagte McConnell.

Elektrothermische Triebwerke, die jedoch Wasser als Treibstoff verwenden, wurden bis jetzt noch nicht im Flugbetrieb getestet. Man müsste also etwas Arbeit in das Antriebssystem stecken. McConnell stellt sich vor, sowohl für die Triebwerke als auch für die Gesamtentwürfe zu den Schiffen einen Design-Wettbewerb zu veranstalten. Wettbewerbe mit Geldprämie, die wie die kleinere Version des Google Lunar X Prize wären - einem privat finanzierten Wettrennen zum Mond mit einem Budget von $30 Millionen (etwas mehr als €21 Millionen).

Sobald die Gewinner dieser Wettbewerbe feststünden, würden bald Bodentests und schließlich auch Flugtests folgen. McConnell wollte keine genauen Zeitangaben machen, ist aber durchaus optimistisch was die Möglichkeiten betrifft.

"Ich denke das könnte alles sehr schnell passieren", äußerte er. "Es geht eigentlich nur darum, die Entscheider davon zu überzeugen, dass dies eine Sache ist, die sich lohnen wird."

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Joachim Dietlicher

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letzte Änderung am 6. April 2011