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Bericht 8. September 2004, Update 9. 9. 2004
In den Sand gesetzt
Luftbergung der GENESIS-Rückkehrsonde fehlgeschlagen - nachdem der Bremsfallschirm nicht ausgelöst wurde, schlägt der Behälter in der Wüste von Utah auf

Genesis im Boden
Oben: Die Rückkehrkapsel der GENESIS-Sonde ist nach dem Einschlag bis zur Hälfte in den Wüstenboden eingegraben. Ein NASA-Mitarbeiter vor Ort berichtete, daß der Behälter an einer Stelle rund 8 cm weit aufgeplatzt, ansonsten aber erstaunlich intakt geblieben sei, berücksichtigt man die hohe Einschlaggeschwindigkeit von etwa 310 km/h. (Photo: NASA/JPL)
Eine NASA-Raumsonde, die Kleinstteilchen von der Sonne mit sich brachte, ist heute am frühen Abend in den Wüstensand des US-Bundesstaates Utah eingeschlagen und bereitete so einer langen Mission zum Einsammeln von Proben von der Sonne ein disaströses Ende.

Die Rückkehrkapsel sollte ursprünglich einen Bremsfallschirm auswerfen und dann von einem Hubschrauber mit einem Fanghaken in der Luft geschnappt werden, um eine möglichst sanfte Landung zu gewährleisten.

Dies geschah jedoch nicht und so schlug die Kapsel schließlich, stark taumelnd, mit rund 310 km/h in den Wüstensand ein.

Obwohl halb im sandigen Boden vergraben, schien die Kapsel dennoch überwiegend intakt zu sein. Allerdings konnte die Techniker der Raumfahrtbehörde NASA zunächst keine weitergehenden Angaben über den Zustand und besonders der sensiblen Fracht machen.

Seit ihrem Start im August 2001 hatte sich die 264 Millionen Dollar teure Raumsonde GENESIS an einem Punkt etwa 1,5 Million Kilometer von der Erde entfernt zur Sonne hin befunden. Dort hatte sie ihre Probensammelflächen ausgeklappt und damit kleinste Partikel, die mit dem Sonnenwind in Richtung Erde geschleudert werden, eingefangen. Diese Partikel wurden in einer Reihe von Kollektoren eingelagert, die dem Sonnenwind über einem Zeitraum von 850 Tagen ausgesetzt waren.

Geplante GENESIS-Bergung
Oben: So sollte die Kapsel ursprünglich geborgen werden. Ein Hubschrauber mit einem sechs Meter langen Fanghaken sollte sie an ihrem Gleitschirm aus der Luft fischen. (Photo: NASA/JPL)
Unter einem blauen und nahezu wolkenfreiem Himmel ging eine kleine Schwadron aus drei Hubschraubern, gesteuert von hocherfahrenen Testpiloten und Stuntmen, gegen 17:25 Uhr MESZ in einer Höhe von 3000 Metern über der Wüste in Position, um die Ankunft der herabfallenden Kapsel zu erwarten. Alles schien zunächst gut zu verlaufen.

Als die Helikopter starteten, raste GENESIS oberhalb der Atmosphäre, etwa auf halben Weg zwischen Hawaii und dem amerikanischen Festland, der Planetenoberfläche entgegen.

Taumelnde GENESIS-Kapsel
Oben: Die Kapsel fällt taumelnd zu Boden. (Photo: NASA TV)
Wenige Minuten vor 18 Uhr erfaßten starke Radaranlagen des Test- und Übungsgeländes die GENESIS-Kapsel, wie sie über dem Westen der USA durch die Atmosphäre glitt. Dabei rotierte die Kapsel mit etwa 15 Umdrehungen pro Minute und sah dabei eher wie eine außer Kontrolle geratene Mülltonne oder ein Meteoroid aus.

Während Videokameras am Boden die Sonde den gesamten Weg verfolgten, bemerkten NASA-Mitarbeiter, daß der Bremsfallschirm nicht wie geplant ausgeworfen worden war.

Die Helikopterbesatzungen standen bereit, die Kapsel mit einem langen Haken an ihrem Gleitschirm, der nach dem Bremsfallschirm ausgeworfen werden sollte, einzufangen und sanft auf dem Boden abzusetzen. Doch ohne den geöffneten Fallschirm konnten sie nur hilflos zusehen, wie die Kapsel an ihnen vorbei stürzte und sich in den Boden bohrte.

Nach der Landung eines Black Hawk Bergungshubschraubers und der ersten Begutachtung durch eines der Besatzungsmitglieder, wurde bestätigt, daß der Fallschirm tatsächlich nicht ausgelöst hatte. Die Kapsel wurde daraufhin als "heiß" eingestuft, da die pyrotechnischen Ladungen, die den Fallschirmauswurf auslösen sollten, immer noch scharf sein könnten.

Probenkollektor
Oben: Einer der Probenkollektoren, auf dem GENESIS 27 Monate lang Partikel von der Sonne eingefangen hat. Damit wollten Wissenschaftler die ursprüngliche Zusammensetzung der Gas- und Staubwolke bestimmen, aus der sich unser Sonnensystem gebildet hat. Da die Kollektorflächen sehr zerbrechlich sind, sollte die Rückkehrkapsel aus der Luft gefischt werden, um eine möglichst weiche Landung zu garantieren. (Photo:NASA/JPL)
Wissenschaftler hofften, mit den Proben, die zu den ursprünglichsten Teilchen gehören, die im Sonnensystem noch zur Verfügung stehen, Geheimnisse um die Entstehung der neun Planeten und ihres Zentralgestirns zu enträtseln. Nun hoffen sie, daß sie aus den Trümmern der fragilen Kollektorflächen vielleicht noch ein paar Proben gewinnen können und so die Mission kein völliger Reinfall wird.

Ein NASA-Mitarbeiter vor Ort bemerkte allerdings, daß der Behälter auf einer Länge von rund 8 cm aufgeplatzt war und man einen Teil des Inneren sehen könne. Die relativ geringen Beschädigungen sind zwar erstaunlich, berücksichtigt man die hohe Einschlaggeschwindigkeit von rund 310 km/h, es dürfte aber ausreichen um die Probenträger im Inneren so stark zu verunreinigen, daß eine sinnvolle Analyse nicht mehr möglich wird.

Inzwischen wurde die Kapsel geborgen und in einen Reinraum des Testgeländes der US-Armee in Utah gebracht. Dort will das GENESIS-Team am Donnerstag mit der Untersuchung des Inhalts beginnen.

Die ersten Annahmen gehen davon aus, daß das Problem eine Batterie war, die den Zündstrom für die pyrotechnischen Ladungen des Bremsfallschirm liefern sollte. Bereits nach dem Start im Jahr 2001 hatte man leichte Schwierigkeiten mit der Batterie, die wegen eines Radiatorenproblems dazu neigte, ein wenig zu überhitzen. Die Batterie war aber in den drei Jahren der Mission monatlich einmal getestet worden, und man ging davon aus, daß sie in Ordnung sei. Test mit baugleichen Batterien am Boden waren durchweg positiv verlaufen.

GENESIS, die erste US-Probenrückkehrmission seit der Apollo-17-Mondmission im Jahr 1972, sollte bahnbrechend für eine weitere NASA-Probenrückkehrmission, der STARDUST-Mission, sein. Diese soll am 15. Januar 2006 ebenfalls am Fallschirm in der Wüste Utahs landen.

Quelle: Space.com


letzte Änderung am 9. September 2004