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Artikel 7. April 2009
Unterirdischer Ozean aus Kohlenwasserstoffen auf Titan?
Radardaten der Raumsonde CASSINI ergeben ein unerwartetes Bild von der Form des Saturnmondes

Titan
Oben: Der Saturnmond Titan erscheint of Photoaufnahmen als Wolken- und dunstverhangener Himmelskörper. Erst Radarstrahlen können die Oberfläche erreichen und zeigen, wie sie geformt ist. (Photo: NASA)
Saturn's größter Mond Titan könnte einen unterirdischen Ozean aus Kohlenwasserstoffen und eine auf den Kopf gestellte Topographie haben, bei der die Gipfel der Berge niedriger liegen als die durchschittliche Höhe der Oberfläche, wie neue Forschungsergebnisse zeigen.

Titan wirkt auch wesentlich zerquetschter in seiner Gesamtform, als die Wissenschaftler bisher erwartet hatten, wie ein Gummiball, der mit dem Fuß zusammengedrückt wird, erklärte Howard Zebker, Geophysiker und Elektroingenieur von der Stanford Universität, der an dieser Arbeit beteiligt ist. Die neuen Ergebnisse könnten das Vorhandensein von großen Seen aus Kohlenwasserstoffen an beiden Polen des Titan erklären helfen, die bei den Forschern seit ihrer Entdeckung im Jahr 2007 Rätsel aufgeworfen haben.

"Da die Pole im Verhältnis zum Äquator eingedrückt sind, heißt das, wenn es diese Kohlenwasserstoff-'Wasserplatte' gibt, die mehr oder weniger kugelförmig ist, dann wären die Pole näher an dieser Wasserplatte und die Vertiefungen dort würden sich mit der Flüssigkeit füllen", erläutert Zebker. Die Form dieser Wasserplatte würde durch das Schwerefeld des Titan bestimmt, das bislang noch nicht vollständig verstanden wurde.

Kohlenwasserstoffe, hauptsächlich Methan und Äthan, sind die einzigen Stoffe, die auf der Oberfläche des Titan bei einer durchschnittlichen Temperatur von -180 °C flüssig bleiben könnten. Jegliches Wasser wäre gefroren, was es plausibel erscheinen ließe, daß der Titan anstatt von Grundwasser ein Äquivalent aus Kohlenwasserstoffen hätte.

Diese Forschungsergebnisse werden in einer Ausgabe der Zeitschrift Science veröffentlicht und können auf der Webseite des Magazins nachgelesen werden (auf englisch).

Zebker, der führende Autor der Abhandlung, und eine Gruppe Kollegen hatten in den letzten vier Jahren mit einem Instrument der Raumsonde CASSINI, die den Saturn umkreist, Radarmessungen von der Titanoberfläche angestellt. Jedemal, wenn CASSINI nahe genug vorbeigeflogen war, schickten sie die wolkendurchdringenden Radarstrahlen durch die dichte Atmosphäre des Saturnmondes und durch seine Oberfläche. Mit den Radardaten berechneten sie dann die Erhebung der Oberfläche auf den Streifen, über die sich die Strahlen hinwegbewegt hatten.

Aus der Kombination von mehr als 40 solcher Streifen auf der ganzen Oberfläche waren die Forscher in der Lage, die dreidimensionale Form des Titan zu berechnen.

Zebker meinte, daß es theoretische Gründe dafür gebe zu erwarten, daß Titan keine perfekte Kugel sei, sondern stattdessen leicht abgeflacht sei aufgrund der Fliehkräfte durch seine Eigenrotation und den Gezeitenkräften durch den Saturn. Aber der Grad der Abflachung übersteige das was man erwartet hätte, legt man zugrunde, wie nahe er dem Saturn ist und wie schnell er rotiert.

Es zeigte sich auch, daß der Titan nicht gleichmäßig abgeflacht ist. Als analoges Bild kann man sich einen Gummiball vorstellen, der, wenn er zusammengepreßt wird, sich zu allen Seiten senkrecht zur Richtung der Preßkraft ausbeulen wird.

Aber die Ausbeulung des Titans ist unsymmetrisch. Die größte Achse ist so orientiert, daß sie in Richtung Saturn weist, eine Folge der Gezeitenkräfte des Planeten. Die kürzeste Achse verläuft durch die Pole. Und die dritte Achse, die in die Umlaufrichtung des Titans um den Saturn weist, liegt von der Länge dazwischen.

"Obwohl wir eine gewisse Asymmetrie durch die Schwerewirkung des Saturn erwartet hatten, geht irgendetwas vor, das dafür sorgt, daß Titan eine andere Form hat, als wir dachten", meinte Zebker.

Es gibt mehrere verschiedene Erklärungen für die Deformation des Titan. Es könnte sein, daß sich der Mond näher am Saturn befunden hatte, als man seine Form zu bestimmen versuchte. "Eine andere ist, daß aktive geophysikalische Prozesse im Innern des Titans im Gange sind, die seine Form weiter entstellen", erläuterte Zebker. "Es gibt vermutlich noch viele weitere Erklärungen, aber wir haben noch nicht genug Informationen von diesem einen Experiment, um diese auseinanderhalten zu können."

Aktive geophysikalische Prozesse könnten auch für eine andere Seltsamkeit von Titan herhalten.

Zebker führte aus, daß wenn man sich Bilder von der Oberfläche des Titan anschaut, sieht man Oberflächenmerkmale, die genauso aussehen wie Berge auf der Erde, aber nicht die Höhe haben, verglichen mit den Ebenen, die sich um sie herum erstrecken.

"Eine der wirklich überraschenden Dinge, die wir entdeckt haben ist, daß der größte offensichtliche Kontinent niedriger liegt, als die durchschnittliche Höhenlage auf Titan, im Gegensatz zu höher als die durchschnittliche Höhenlage, wie es hier auf der Erde der Fall ist", meinte Zebker.

"Meine Lieblingserklärung ist, daß das Material, das die Berge formt ist ganz einfach dichter als das Material, das sie umgibt." Dies würde dazu führen, daß die Berge die sie umgebende Kruste nach unten drücken, so daß sie am Ende in einem von ihnen selbst geschaffenen Becken zu liegen kommen.

Auf der Erde ist die Situation genau umgekehrt. Die Kruste, die unter den Ozeanen liegt, ist dichter als das Material, aus dem die kontinentale Kruste besteht, wo sich die Gebirgsketten auftürmen.

"Die Dinge, die wir auf der Oberfläche des Titan zu finden erwarten, sind auf der einen Seite feste Kohlenwasserstoffe, hauptsächlich gefrorenes Äthan und Methan, die sehr leicht sind, und zum anderen gefrorenes Wasser, das dichter ist", erklärte Zebker. "Wenn die Berge aus Wassereis bestehen und die flachen Gebiete dazwischen aus festen Kohlenwasserstoffen, dann könnte dies zu seiner Situation führen."

Zebker meinte, daß die Forschung, die derzeit von anderen Wissenschaftlern durchgeführt wird, um das Schwerefeld des Titan zu entschlüsseln, dabei helfen könnte, um einige Fragen zu klären, die durch die jüngste Arbeit seiner Forschergruppe aufgeworfen wurden. Aber er hält sich mit Vorhersagen zurück.

"Alles würde mich überraschen, denn man weiß nie, was man zu sehen bekommt."

Quelle: Universität Stanford
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 20. April 20. April MMIX