Besuch beim Herrn der Ringe
NASA/ESA-Raumsonde CASSINI/HUYGENS geht erfolgreich in eine Umlaufbahn um den Saturn - bereits jetzt aufregende Bilder von den Ringen des Planeten
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Eines der ersten Rohaufnahmen, die nach dem Einschuß in die Saturnumlaufbahn von
CASSINI zur Erde gesendet wurden, zeigt die Saturnringe in nie dagewesenem
Detailreichtum. (Photo: NASA/JPL) |
Nach einer siebenjährigen Reise durch das Sonnensystem konnte das von der
NASA, der ESA und der italienischen Raumfahrtagentur ASI entwickelte
Sondenpaar CASSINI-HUYGENS während der letzten Nacht erfolgreich in die
Saturn-Umlaufbahn eingebracht werden. Der CASSINI-Orbiter kann nun mit
seiner vierjährigen Mission der Beobachtung des Saturn und seiner Monde
beginnen, während die Sonde HUYGENS auf die nächste entscheidende Etappe
vorbereitet wird, nämlich ihren Anflug auf den größten Saturnmond Titan ab
Dezember.
"Internationale Zusammenarbeit im Weltraum könnte nicht besser vonstatten
gehen“, gab der ESA-Wissenschaftsdirektor, Prof. David Southwood, nach der
Bestätigung des Einbringens in die Umlaufbahn erfreut zu Wort. "Bei nur
wenigen Planetenmissionen hat eine so große Zahl von Wissenschaftlern und
Weltraumbegeisterten auf der ganzen Welt den Erfolg herbeigesehnt. Meine
Glückwünsche gehen deshalb an die Teams, die dies ermöglicht haben, sowie
an alle, die an dem Programm teilnehmen und auf die in den nächsten Jahren
noch viel Arbeit zukommen wird.“
Das Einbringen in die Umlaufbahn des beringten Planeten gehörte zu den
letzten und kritischsten Manövern, die die Sonde vor Erreichen ihrer
Einsatzbahn absolvieren mußte. Im Falle eines Scheiterns wäre sie einfach
an Saturn vorbeigeflogen und in den Tiefen des Sonnensystems verloren
gegangen.
Der Start von CASSINI-HUYGENS erfolgte am 15. Oktober 1997 von Cape
Canaveral in Florida aus an Bord einer Titan 4B/Centaur, der seinerzeit
stärksten US-Einwegträgerrakete. Auf dem Weg zum Saturn mußte die Sonde
mehrere Vorbeischwingmanöver an der Venus (April 1998 und Juni 1999), der
Erde (August 1999) und schließlich am Jupiter (Dezember 2000) durchführen.
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Der Start von CASSINI-HUYGENS mit einer Atlas/Centaur-Trägerrakete erfolgte am 15.
Oktober 1997 vom Weltraumhafen Cape Canaveral. (Photo:
NASA) |
CASSINI-HUYGENS näherte sich in der letzten Nacht dem Planeten unterhalb
seiner Ringebene und durchflog diese um 4:03 Uhr MESZ durch die Lücke
zwischen dem F- und dem G-Ring in einer Entfernung zum Saturn von etwa 158.500 km.
Die Hochleistungsantenne diente der empfindlichen Sonde dabei als
Schutzschild gegen Einschläge von Staubpartikeln. Eine knappe halbe Stunde
später, um 04.36 Uhr MESZ, wurde eines der beiden Haupttriebwerke für
eine Dauer von 96 Minuten gezündet, um die Sonde in die Umlaufbahn
einzubringen. Das Signal zur Bestätigung dieser Zündung benötigte 84
Minuten, um die 1,5 Milliarden Kilometer vom Saturn bis zu Erde zu
überbrücken.
Das Triebwerk funktionierte einwandfrei und verlangsamte die
Geschwindigkeit der Sonde im Vergleich zu der des Saturn, dessen obere
Wolkendecke sie in nur 19 000 km Entfernung überflog. Nach dem
Bremsmanöver wurde die Sonde zunächst zur Erde hin ausgerichtet, um das
Einbringen in die Umlaufbahn zu bestätigen, und anschließend auf die
Saturnringe, die sie aus einer Höhe von nur wenigen Tausend Kilometern
fotografieren konnte. Hierbei bot sich die einzigartige Gelegenheit,
einzelne Bestandteile der Ringe zu erkennen, denn eine so geringe
Entfernung zu diesen ist für Cassini im weiteren Verlauf der Mission nicht
mehr geplant. Die große Nähe zum Planeten wurde auch genutzt, um seine
Atmosphäre und Umgebung mit den Instrumenten des Orbiters eingehend zu
analysieren.
Eine zweite Durchquerung der Ringebene fand um 07:50 Uhr MESZ statt.
Die Sonde befindet sich in bestem Zustand, um das Planetensystem des
Saturn zu durchmessen, wobei sie mindestens 76mal den beringten Planeten
umrunden und 52mal nah an sieben der 31 bekannten Saturnmonde
vorbeifliegen wird. Diese Beobachtungsphase begann eigentlich bereits vor
der Einbringung in die Umlaufbahn, nämlich mit dem Vorbeiflug an einem
achten Mond, Phoebe, am 11. Juni. Hauptziel von CASSINI-HUYGENS ist jedoch
Saturns größter Mond Titan, an dem sie zum ersten Mal am 26. Oktober in
einer Höhe von 1200 km vorbeifliegen wird.
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So stellen sich die Wissenschaftler die Landung der ESA-Sonde HUYGENS auf dem
Saturnmond Titan vor. Zunächst wird die Sonde, geschützt von einem Hitzeschild, von der
Titanatmosphäre abgebremst, bis ein Fallschirm geöffnet werden kann, an dem sie bis zur
Oberfläche herabschweben kann. (Abbildung: ESA) |
Während der kommenden Monate werden die ESA-Wissenschaftler die Abtrennung
der Sonde HUYGENS vorbereiten, des Hauptbeitrags der ESA zu dieser
Mission. HUYGENS soll am 25. Dezember auf die Reise geschickt werden und
im Januar 2005 in die Atmosphäre des Titan eintauchen. Die für die ESA von
einem Industrieteam unter der Leitung von Alcatel Space gebaute, 320 kg
schwere Sonde hat sechs wissenschaftliche Instrumente an Bord, mit denen
sie während ihres Landeanflugs die Atmosphäre und ihre Dynamik analysieren
wird. Übersteht die Sonde den Kontakt mit der Oberfläche unversehrt, wird
sie auch die physikalischen Eigenschaften ihres Landeumfelds untersuchen.
Der Saturnmond Titan, der an Größe den Planeten Merkur übertrifft, ist von
einer dunstigen stickstoffreichen und kohlenwasserstoffhaltigen Atmosphäre
umgeben. Man nimmt an, daß die chemische Zusammensetzung des Titan stark
der der Erde vor Entstehung des Lebens ähnelt, auch wenn er um einiges
kälter ist (-180 °C) und es auf ihm kein flüssiges Wasser gibt. Von den
Untersuchungen, die HUYGENS vor Ort durchführen wird, sowie den
großräumigeren Beobachtungen durch den CASSINI-Orbiter während seiner
verschiedenen Vorbeiflüge an Titan erhoffen sich die Wissenschaftler neue
Erkenntnisse über die frühesten Entwicklungsstadien der Erdatmosphäre
sowie Hinweise auf die Voraussetzungen, die die Entstehung des Lebens auf
unserem Planeten ermöglicht haben haben.
Der CASSINI-Orbiter – die bisher größte und komplexeste Weltraumsonde –
führt 12 wissenschaftliche Instrumente mit sich, die von amerikanischen
und internationalen Forscherteams zur Durchführung detaillierter
Beobachtungen von Saturn, Titan, den eishaltigen Monden, dem Ringsystem
und der umgebenden Magnetosphäre entwickelt worden sind. Zwei der
Instrumente des Orbiters wurden in Europa hergestellt.
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So verlief der Einschuß von CASSINI/HUYGENS in die Saturnumlaufbahn. Um 3:11 Uhr
MESZ wendet sich die Sonde von der Erde ab und bringt sich in die richtige Orientierung
für das Bremsmanöver. Um 4:11 durchstößt sie in der großen Lücke zwischen dem F- und
G-Ring die Ringebene von unten nach oben (blau). Um 4:36 Uhr beginnt das
Haupttriebwerk zu feuern und bremst das Raumfahrzeug in den folgenden 96 Minuten auf
eine Geschwindigkeit herab, mit der sie eine stark elliptische Umlaufbahn um den
Ringplaneten eingeht (rot). Von 6:54 Uhr bis 7:44 Uhr verschwindet die Sonde hinter dem
Planeten und passiert um 7:58 Uhr erneut die Ringebene in entgegengesetzter Richtung.
Um 9:00 Uhr MESZ schließlich richtet sich die Sonde wieder in Richtung Erde aus und
beginnt mit der Übermittlung von Telemetrie und Bilddaten. (Abbildung:
NASA/JPL) |
"Mehr als 20 Jahre sind vergangen, seit Pioneer 11 und die Voyager-Sonden
dieses komplexe System in nur ein paar Tagen durchquert und uns dabei
einen ersten Eindruck von Saturn beschert haben“, erklärte Prof.
Southwood, der auch Hauptexperimentator für den Magnetometer von CASSINI
ist. "Dank CASSINI bleiben wir nun für längere Beobachtungen und Analysen
vor Ort, und mit HUYGENS werden wir noch einen Schritt weiter gehen und
nicht nur in eine außerirdische Atmosphäre vordringen, sondern auch in
eine Atmosphäre die der frühen Erde ähnelt. Dies bedeutet, daß wir
mehrere Milliarden Jahre in unsere Vergangenheit zurückblicken, um einem
der hartnäckigsten Geheimnisse unseres Kosmos auf den Grund zu gehen,
nämlich der Entstehung des Lebens.“
Die Mission CASSINI-HUYGENS ist ein Gemeinschaftsvorhaben der NASA, der
ESA und der ASI. Das Laboratorium für Strahlantriebe (JPL) der NASA, eine Abteilung des
kalifornischen Instituts für Technologie(CalTech) in Pasadena, ist für die Leitung der
Mission im Auftrag des NASA-Büros für Weltraumwissenschaften in Washington
verantwortlich.
Quelle:
Original ESA Pressemitteilung Nr. 36-2004 |