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Artikel 27. Februar 2017
SpaceX will zwei Touristen auf Trip um den Mond schicken
Flug soll Ende 2018 stattfinden - Passagiere seien auf das Unternehmen zugegangen

DRAGON

v2
Oben: Die bemannte DRAGON-Kapsel von SpaceX, DRAGON 2 genannt, die für den Transport von Astronauten zur ISS entwickelt wird, soll nun auch zwei Touristen um den Mond herumfliegen. (Abbildung: SpaceX)
Der Gründer und Geschäftsführer des amerikanischen Raumfahrtunternehmens SpaceX Elon Musk hat am Montag Abend bekanntgegeben, daß sie gegen Ende nächsten Jahres zwei zahlende "Privatpersonen" auf einen einwöchigen Flug um den Mond herum und zurück zur Erde schicken wollen.

Musk erklärte, die angehenden Weltraumtouristen seien wegen einer Mission jenseits des Mondes an SpaceX herangetreten, wobei sie mit einer DRAGON-Kapsel auf der Spitze einer Trägerrakete vom Typ FALCON Heavy von der Startrampe 39A des Kennedy Raumfahrtzentrums in Florida starten und rund eine Woche später zur Erde zurückkehren wollten.

"Sie sind sehr ernsthaft daran interessiert", meinte Musk in einer Konferenzschaltung mit Reportern am Montag Abend, wobei er die Namen der beiden Passiegere nicht nennen wollte. Später fügte er hinzu, daß es sich um "niemanden aus Hollywood" handele, wollte aber sonst nichts über den Hintergrund der beiden sagen.

Die zweiköpfige Besatzung werde für Notfälle geschult, aber die DRAGON v2 Kapsel werde nur vom Autopiloten gesteuert einmal um den Mond herumfliegen und auf einer freien Rückkehrbahn zur Erde zurückstürzen. Musk sagte, SpaceX peile das vierte Quartal 2018 für den Flug an.

"Das wäre ein weiter Rundflug um den Mond herum", meinte Musk. "Wir arbeiten derzeit die exakten Parameter aus, aber es läuft wohl auf eine einwöchige Mission hinaus, die knapp über die Oberfläche des Mondes hinweg geht, dann noch ein wenig weiter in das tiefe All hinaus fliegt und schließlich zur Erde zurückfällt. Ich schätze, von der Distanz werden es wohl 300.000 bis 400.000 Meilen [ca. 500.000 bis 650.000 km] werden."

Er räumte ein, daß die Reise wohl riskant sein werde.

"Ich denke, sie gehen mit offenen Augen in die Sache hinein, wissend, daß es da ein gewisses Risiko gibt", meinte Musk über die Passagiere. "Sie sind sicherlich nicht naiv. Wir tun alles, was wir können, um das Risiko zu minimieren, aber es ist nicht Null."

Er wollte nicht sagen, wieviel die Weltraumtouristen dafür zahlen sollten, aber SpaceX habe bereits eine "signifikante Anzahlung" für die Mondmission erhalten.

"Die beiden kennen sich", erklärte Musk zu den beiden angehenden Weltraumtouristen. "Ich möchte nicht zu viel über ihren Hintergrund verraten, aber sie werden sicherlich ein umfangreiches Trainingsprogramm durchlaufen, bevor sie auf die Mission gehen, und ich kann auch nicht die exakte Summe nennen (die sie zahlen werden)."

Die Touristen sollen mit einer DRAGON 2 Kapsel von SpaceX, auch "Crew DRAGON" genannt, fliegen, die SpaceX derzeit unter einem $2,6 Millionen teuren Vertrag mit der NASA entwickelt, um damit Astronauten zur Internationelen Raumstation und wieder zurück zu bringen. Das Raumfahrzeug soll seinen ersten unbemannten Testflug zur Station im November absolvieren, gefolgt von einer Demonstrationsmission zum Außenposten mit zwei Astronauten an Bord rund sechs Monaten später.

Sobald das Raumfahrzeug sich auf den Testflügen bewährt hat, planen SpaceX und die NASA, mindestens einen DRAGON-Flug pro Jahr zur Station durchzuführen, um vierköpfige Besatzungen auf sechsmonatigen Expeditionen auf dem Außenposten auszutauschen.

Die NASA hat Verträge mit SpaceX und Boeing geschlossen, um kommerziell betriebene bemannte Raumfahrzeuge für den Transport von Besatzungen zur Station zu entwickeln, zu testen und zu fliegen. Damit soll die Abhängigkeit der NASA, ihre Astronauten mit russischen SOJUS-Raumfahrzeugen zur ISS zu bringen, beendet werden.

Rußland läßt sich nach der letzten Transportvereinbarung jeden von der NASA genutzten SOJUS-Sitzplatz mit $81 Millionen (ca €75 Millionen) vergüten. Boeing und SpaceX haben ihre Preise noch nicht veröffentlicht, aber die NASA hatte bereits erklärt, daß die Kosten für einen Astronautensitzplatz zur ISS und zurück im Schnitt bei rund $58 Millionen (ca. €53 Millionen) veranschlagt werden.

Musk erklärte, der Preis für die SpaceX-Mondmission sei vertraulich, "aber er wird wohl etwas mehr als eine Mission zur Internationalen Raumstation kosten."

Bislang ist die im US-Bundesstaat Virginia beheimatete Firma Space Adventures das einzige Unternehmen, das Touristenflüge in's All arrangiert hat. Bis dato haben sie acht Flüge für sieben Kunden zur Internationalen Raumstation vermittelt, die alle in den 2000ern durchgeführt wurden. Andere Unternehmen, wie Virgin Galactic und Blue Origin, bieten Touristen und Forschern suborbitale Hopserflüge an, haben aber ihren kommerziellen Flugbetrieb noch nicht aufgenommen.

Im Jahr 2011 hatte Space Adventures bereits eine Partnerschaft mit Rußland verkündet, unter der zwei Touristen in einer modifizierten SOJUS-Kapsel für je $150 Millionen (ca. €140 Millionen) auf einen Flug um den Mond herum geschickt werden sollten, aber diese Mission wurde nie realisiert.

Die Crew DRAGON ist eine für den Personentransport umgebaute Version der DRAGON-Frachtkapsel, mit der SpaceX derzeit Versorgungsgüter für die NASA zur ISS und zurück fliegt.

Diese sei bereits für Flüge in den tiefen Raum ausgelegt, wie Musk erklärte, und dabei mit einem ablativen Hitzschild ausgestattet, der die Wiedereintrittshitze bei einer Rückkehr vom Mond abhalten könne. Raumfahrzeuge, die vom Mond zurückkommen, sind deutlich schneller als solche, die aus der niederen Erdumlaufbahn zurückkehren.

Die robuste Konstruktion der Crew DRAGON wurde für die von SpaceX langfristig geplanten Marsmissionen gewählt, bei denen das Augenmerk auf die Errichtung einer permanenten Basis auf dem roten Planeten liegt, durch die Musk zufolge die Menschheit eine "multiplanetare Spezies" werden soll.

Aber die DRAGON wird für den Trip zum Mond und zurück (das erste Mal übrigens, daß sie über die niedrige Erdumlaufbahn hinausfliegt) neue Systeme benötigen, wie z. B. Funkgeräte für interplanetare Kommunikation.

Dabei ginge es zunächst um eine Kommunikation über eine Entfernung von 500.000 bis 600.000 km, im Vergleich zu den 400 km, die die ISS von der Erde entfernt ist, wie Musk ausführte. "Es geht hauptsächlich um die Kommunikationsanlage, denn die DRAGON ist bereits ausgelegt, um der Weltraumstrahlung zu widerstehen, und hat dreifach redundante Systeme. Wir denken, daß die notwendigen Modifikationen sich in Grenzen halten werden."

Der Flug der DRAGON zum Mond solle nach den Testflügen zur ISS durchgeführt werden, erklärte Musk.

Die orbitalen Testflüge werden viele der Lebenserhaltungs-, Navigations- und Rechnersysteme an Bord extensiv austesten, und Musk meinte, daß die NASA die Kapsel als "für den Transport von Menschen geeignet" zertifizieren werde, sobald diese Demomissionen erfolgreich abgeschlossen sind.

FALCON

Heavy Start
Oben: Die DRAGON 2 Kapsel für die Mondmission soll auf der Spitze einer FALCON Heavy Trägerrakete starten. Der Erstflug ist für diesen Sommer vorgesehen. Sie besteht aus einer FALCON 9 Rakete, der zwei weitere FALCON 9 Kernstufen als Startraketen angeflanscht wurden. (Abbildung: SpaceX)
Aber die Stationsbesatzungen werden auf einer FALCON 9 Trägerrakete starten und nicht auf der FALCON Heavy, die für den Rundflug um den Mond benötigt würde. Die FALCON Heavy soll Musk zufolge ihren Erstflug in diesem Sommer absolvieren, mehrere Jahre später, als ursprünglich vorgesehen.

"Die DRAGON 2 geht durch den [Zertifizierungs-]Prozess der NASA zur Personentransporteignung, und soll zunächst NASA-Astronauten zur Raumstation bringen, bevor sie diese Mission fliegt", meinte Musk. "Das gleiche gilt für die FALCON 9. Der Unterschied ist, daß wir zwei weitere FALCON 9 Kernstufen als Startraketen anflanschen, um die Leistung der FALCON 9 zu erhöhen, was wir dann FALCON Heavy nennen."

Die FALCON Heavy wird von 27 MERLIN-Triebwerken angetrieben, dreimal so viele, wie bei der FALCON 9 Kernstufe.

"Alle Teile dieses Systems werden der Personentransporteignungsprüfung durch die NASA unterzogen", fügte Musk hinzu. "Man könnte sagen, daß hier eine steigende Komplexität bei der Integration dieser Systeme vorliegt."

SpaceX will bei der amerikanischen Bundesluftfahrtbehörde FAA eine Lizenz für den rein kommerziellen Touristenflug um den Mond beantragen, wie Musk ankündigte.

"Wir sollten (wenn die Mondmission startet) bereits eine gewisse Flughistorie für die FALCON Heavy vorweisen können, und eine riesige Flugerfahrung mit der FALCON 9, wenn wir mit den FALCON Heavy Flügen beginnen", meinte Musk. "Die DRAGON 2 wurde unter Berücksichtigung von sehr hohen Standards konstruiert, daher ist sie in der Lage, den Wiedereintritt bei Mondfluggeschwindigkeit mit genügend Spielraum auf sich zu nehmen. Wir sind deshalb zuversichtlich, daß man mit diesem Raumfahrzeug gut fliegen kann."

SpaceX erklärte, die NASA nehme bei der Ermöglichung der kommerziellen zirkumlunaren Mission eine Schlüsselstellung ein, da dies das erste Mal seit der APOLLO 17 Mission im Jahre 1972 sein werde, daß Menschen sich bis auf Monddistanz von der Erde entfernten.

Die NASA erklärte in einer Stellungnahme, sie rege ihre "kommerziellen Partner an, nach Höherem zu streben."

"Wir werden eng mit SpaceX zusammenarbeiten, um sicherzustellen, daß sie ihre vertraglichen Verpflichtungen, den Start von Astronauten auf amerikanischen Boden zurückzubringen und erfolgreich Versorgungsgüter zur ISS zu transportieren, sicher erfüllen", ließ die Behörde verlauten. "Für mehr als ein Jahrzehnt hat die NASA nun in die Privatindustrie investiert, um Kapazitäten für das amerikanische Volk zu entwickeln und kommerzielle Innovationen zu unterstützen, die die Zukunft der Menschheit im All voranbringen."

Obwohl die NASA Boeing und SpaceX ausgewählt hat, um Dienstleistungen für den Start und die Landung von Stationsbesatzungen bereitzustellen, arbeitet die Raumfahrtbehörde auch an regierungseigenen Raumfahrzeugen, um Astronauten in den tiefen Weltraum zu schicken.

Der Superträger Space Launch System (SLS) und die Raumkapsel ORION sollen im nächsten Jahr zu ihrem ersten Flug in die Mondumlaufbahn starten ... ohne Astronauten. Die NASA peilt einen bemannten Flug mit einem ähnlichen Missionsprofil eines Mondvorbeifluges, den SpaceX durchführen will, für die Zeit zwischen 2021 und 2023 an.

Die SLS/ORION-Missionen in die Region um den Mond herum, "zislunarer Raum" genannt, soll die neuen Antriebssysteme, Stromerzeugungssysteme, Robotsysteme und andere Technologien testen, die für eine Reise zum Mars benötigt würden.

Der amerikanische Bundesrechnungshof berichtete letztes Jahr, daß der erste SLS- Flug im Jahr 2018, die ersten zwei ORION-Flüge auf dem SLS, und die dazugehörigen Bodensysteme zusammen rund $23 Milliarden (ca. €21 Milliarden) kosten werden. In einem separaten Bericht im letzten Jahr hatte der Generalinspekteur der NASA erklärt, daß das ORION-Programm von seinem Beginn an bis zu den ersten zwei bemannten Missionen in den frühen 2020ern rund $17 Milliarden zugeführt bekommen haben wird.

Aber die NASA könnte dabei sein, ihr bemanntes Raumfahrtprogramm aufzuschütteln.

Die Behörde führt derzeit auf Anweisung der Regierung Trump eine Machbarkeitssstudie und Risikoanalyse durch, um die technischen Hürden und Kosten zu bestimmen, die entstehen, wenn schon auf dem ersten SLS/ORION-Flug, "Erkundungsmission 1" (EM-1) genannt, zwei Astronauten mitfliegen sollen.

Sollte die NASA sich entscheiden, eine bemannte Mission durchzuführen, wird sich deren Start höchstwahrscheinlich verschieben, da die Ingenieure erst noch die wichtigen Lebenserhaltungssysteme, die auf der ursprünglich unbemannten EM-1 nicht in die ORION eingebaut werden sollten, zuende entwickeln müssen. Sollte die Mission genehmigt werden, soll die EM-1-Besatzung einmal um den Mond herumfliegen und wieder zur Erde zurückkehren, also in etwa dasselbe Flugprofil, das für die private SpaceX-Mission geplant ist.

Musk sagte nicht, ob er hoffe vor der NASA zum Mond zu fliegen.

"Wir befürworten grundsätzlich alles, was uns bei der Erkundung des Weltraums voranbringt", erklärte Musk. "Ich denke, eine SLS/ORION-Mission wäre auch spannend. Ich kenne zwar ihren [der NASA] Zeitplan nicht, und ich bin mir auch nicht sicher, ob wir vor oder nach ihnen fliegen werden, aber ich denke nicht, das das wirklich wichtig ist. Das was wirklich zählt, sind die Fortschritte in der Weltraumerkundung und die Höchstmarke, die im Jahr 1969 vom APOLLO-Programm gesetzt wurde, zu übertreffen, und einfach nur eine wirklich aufregende Zukunft im All zu haben, die die Welt inspiriert.

Das ist das, was uns antreibt, und wir denken, daß es mehr Unternehmen und Organisationen außer SpaceX geben sollte, die das machen. Je mehr, desto besser."

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 28. Februar 2017