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Artikel 28. Juni 2015
FALCON 9 Trägerrakete explodiert kurz nach dem Start über dem Atlantik
DRAGON-Frachtkapsel mit Versorgungsgütern für die ISS verloren - Telemetriedaten zeigen Überdruck im Sauerstofftank der Oberstufe

Start der

DRAGON CRS-7
Oben: Beim Abheben der FALCON 9 Trägerrakete von der Startrampe 40 des US- Luftwaffenstützpunktes Cape Canaveral sah noch alles gut aus. (Photo: NASA TV)
Der Start einer unbemannten DRAGON-Frachtkapsel von SpaceX hat heute, am 28. Juni 2015, nur wenige Minuten nach dem Abheben in einem Desaster geendet.

Die FALCON 9 Trägerrakete mit der siebten regulären DRAGON-Kapsel hob zunächst pünktlich um 16:21 Uhr MESZ von der Startrampe 40 des US-Luftwaffenstützpunktes Cape Canaveral in Florida ab und strebte der Umlaufbahn entgegen. Aber kurz vor dem Brennschluß der ersten Stufe ging irgendetwas schief und die Trägerrakete löste sich in einer heftigen Explosion in 45 km Höhe über dem Atlantik auf.

"Es gab einen Überdruck im Flüssigsauerstofftank der Oberstufe. Die Daten lassen auf eine nicht eingängige Ursache schließen", berichtete SpaceX-Geschäftsführer Elon Musk gut eine halbe Stunde nach dem Unglück über Twitter. Musk feiert heute seinen 44. Geburtstag. "Das ist alles, was wir zur Zeit mit Bestimmtheit sagen können. Wir werden nach einer umfassenden Fehlerbaumanalyse mehr sagen können."

Explosion
Oben: Nach 139 Sekunden ereignete sich eine Initialexplosion, offenbar an der Oberstufe der FALCON 9, nach SpaceX-Angaben möglicherweise ausgelöst von einem plötzlichen Überdruck im Flüssigsauerstofftank der Oberstufe. (Photo: NASA TV, Spaceflight Now)
Ein Zeitlupenvideo von der Explosion, das von Spaceflight Now veröffentlicht wurde, zeigt, daß sich zunächst im oberen Teil der Trägerrakete eine kleinere Explosion ereignete, durch die ein exzessiver Gasaustritt ausgelöst wurde, der die Trägerrakete für einige Sekunden in eine weiße Wolke hüllte, bis schließlich die erste Stufe explodierte und das komplette Startgerät in winzige Bruchstücke zerlegte.

Die DRAGON hatte 1814 Kilogramm an Nahrungsmitteln, Versorgungsgütern und wissenschaftlichen Experimenten an Bord. Unter der wissenschaftlichen Fracht war eine hochauflösende Kamera, mit der Meteore beim Eintritt in die Erdatmosphäre beobachtet werden sollten. Außerdem war Ausrüstung geladen, mit der man untersuchen wollte, welche Mikroben auf der Raumstation vorkommen, und wie sich diese Mikroben über die Zeit anpassen, sowie einer von zwei Kopplungsadaptern, die das Anlegen der zukünftigen bemannten kommerziellen Raumfahrzeuge an der ISS ermöglichen soll.

SpaceX hat einen Frachtvertrag im Wert von 1,6 Milliarden Dollar mit der NASA, unter dem mindestens 12 Frachtmissionen zur ISS ausgeführt werden sollen. Die heutige Mission sollte der siebte reguläre Flug einer DRAGON zur Station werden. Ebenfalls ist dies der erste Fehlstart einer FALCON 9 Trägerrakete, die seit ihrem Erstflug im Jahr 2010 eine bislang makellose Startbilanz hatte.

Explosion 2
Oben: Durch die Explosion an der Oberstufe wurden große Mengen an Gas freigesetzt, die eine weiße Wolke um die aufsteigende Rakete bildeten. (Photo: NASA TV, Spaceflight Now)
Der heutige Fehlstart ist auch der dritte Fehlstart von ISS-Frachtern innerhalb von acht Monaten. Im letzten Oktober war eine ANTARES- Trägerrakete mit einer CYGNUS-Frachtkapsel von Orbital ATK unmittelbar nach dem Abheben von der Startrampe auf der Insel Wallops im US-Bundesstaat Virginia explodiert. Orbital ATK hat ebenfalls einen Frachtvertrag mit der NASA über 1,9 Milliarden Dollar für acht Frachttransporte zur ISS. Und erst im Mai war der russische Frachter PROGRESS M-27M nach einer Fehlfunktion der Oberstufe auf die Erde zurückgefallen. Russische Frachtflüge und der Start der nächsten Besatzung zur ISS wurden daraufhin zunächst zurückgestellt.

Trotz dieser Rückschläge ist die Versorgungslage für die Expedition 44 Besatzung an Bord der ISS nicht kritisch, wie die NASA erklärte.

"Wir schaffen es gut bis in den Oktober, auch wenn kein weiteres Raumfahrzeug dort in fliegt", erklärte ISS-Programmleiter Mike Suffredini von der NASA während der Pressekonferenz nach dem Unglück. Hätte es die DRAGON zur ISS geschafft, wären die Vorräte bis zum Ende des Jahres aufgefüllt worden.

Endexplosion
Oben: Nach einigen Sekunden erfolgte schließlich ein strukturelles Versagen der ersten Stufe, die dann in einer größeren Explosion die Trägerrakete in Einzelteile zerlegte. Die neun Erststufentriebwerke waren bis zu diesem Zeitpunkt kontinuierlich im Betrieb und gingen erst nach dieser finalen Explosion aus. (Photo: NASA TV, Spaceflight Now)
Der nächste PROGRESS-Transporter (M-28M) soll am 3. Juli vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan starten und im August soll ein japanisches HTV zum Außenposten fliegen. Auch Orbital ATK kommt mit seinen Bemühungen voran, im Dezember einen CYGNUS-Frachter zu starten, diesmal aber nicht auf einer eigenen ANTARES, sondern auf einer ATLAS 5 von ULA.

Für SpaceX standen in diesem Jahr noch sieben weitere FALCON 9 Starts an. Diese Pläne werden sich jetzt erst einmal verzögern. Die günstigen Startpreise und die bislang makellose Startbilanz hatte SpaceX zur Nummer Zwei der Startdienstleister für kommerzielle Satelliten direkt hinter Arianespace gemacht. Nach den Fehlstarts von russischen PROTON- und ZENIT-Raketen haben kommerzielle Satellitenbetreiber keine Starts auf russischen Trägerraketen mehr gebucht und SpaceX und Arianespace haben den Markt praktisch unter sich aufgeteilt.

SpaceX hatte auch beabsichtigt, die erste Stufe nach dem Abtrennen kontrolliert zur Erde zurückzusteuern und sanft auf einer schwimmenden Plattform im Atlantik zu landen. Dieses Experiment sollte dem Testen von Technologien, die die Trägerraketen wiederverwendbar machen sollen, dienen, um die Startkosten deutlich zu senken. Inzwischen haben auch andere Firmen, wie Lockheed-Martin und Airbus Defense & Space mit der Entwicklung wiederverwendbarer Raketenkomponenten begonnen.

SpaceX hatte die weiche Landung der Erststufe bei den beiden vorangegangenen DRAGON-Starts probiert und war beide Male fast erfolgreich: Die Raketenstufen hatten aber zu hart und zu schräg auf der Plattform aufgesetzt, waren umgekippt und auf dem Deck explodiert.

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am Sonntag, 28. Juni 2015