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Bericht 17. Oktober 2017
SOJUS-Kapsel erfuhr Druckverlust bei Landung im April
Vorfall wirft weitere Fragen über die Zuverlässigkeit russischer Raumfahrzeuge auf

Landung von

SOJUS MS-02
Oben: Die SOJUS MS-02 sinkt unter ihrem Fallschirm der Steppe Kasachstans entgegen. Bei dieser Landung im April 2017 führte ein Problem mit dem Schirmauslösemechanismus zu einem teilweisen Druckverlust innerhalb der Kapsel.
(Photo: NASA/Bill Ingalls)
Ein SOJUS-Raumfahrzeug, das im April drei Raumfahrer zur Erde zurückgebracht hat, hat der NASA zufolge während der letzten Phase des Abstiegs einen teilweisen Druckverlust erfahren, der die Besatzung aber nicht in Gefahr gebracht hat.

Der Vorfall, der während einer Besprechung des ISS-Beraterkommitees der NASA bekanntgegeben wurde, ist einer in einer Reihe von Ereignissen, die Fragen über die Zuverlässigkeit russischer Raumfahrzeuge, die die Station versorgen, aufwerfen.

Während der Besprechung erklärte der Vorsitzende des Kommitees, der frühere APOLLO-Astronaut Thomas Stafford, der Vorfall habe sich ereignet, als der Hauptfallschirm der SOJUS in rund acht Kilometern Höhe über dem Landegebiet in Kasachstan ausgeworfen wurde. Eine Verschlußkappe, die zum Landefallschirmsystem gehört, sei gegen die Kapsel geschlagen.

Wie Stafford weiter ausführte, sei durch den Schlag eine Schweißnaht der SOJUS angerissen worden, was zu einer Undichtigkeit führte. Dadurch konnte Atemluft aus dem Kapselinneren entweichen.

Stafford sagte zunächst nicht genau, bei welcher Mission sich dieser Vorfall ereignete, außer, daß es im April diesen Jahres war. Die einzige SOJUS-Kapsel, die im April zur Erde zurückkehrte, war SOJUS MS-02, die am 10. April mit NASA-Astronaut Shane Kimbrough und den russischen Kosmonauten Sergeij Rijasanskij und Andreij Borisenko, die fast sechs Monate an Bord der ISS verbracht hatten, gelandet war.

NASA-Sprecher Gary Jordan bestätigte am 17. Oktober, daß sich der Vorfall tatsächlich bei der SOJUS MS-02 Landung ereignet hatte. Zu weiteren Fragen über den Vorfall verwies er auf die staatliche russische Raumfahrtgesellschaft Roskosmos, die sich bislang aber noch nicht öffentlich dazu geäußert hat.

Der teilweise Druckverlust der Kapsel habe, wie Stafford erklärte, die Besatzung nicht in Gefahr gebracht. In fünf Kilometern Höhe öffne sich für gewöhnlich ein Ventil, das Luft von Außen in die Kapsel einlasse. Außerdem trage die Besatzung Druckanzüge, was Standard bei SOJUS-Landungen sei.

"Da die Besatzung Druckanzüge trug, war der Druckverlust für sie kein Problem", meinte Stafford, und fügte hinzu, daß der Druckverlust ihnen von einem Drucksensor im Raumfahrzeug angezeigt worden war.

Bei einem Treffen von Staffords Kommitee mit seinen russischen Kollegen hätten Stafford zufolge die russischen Vertreter die Vermutung geäußert, daß die Art, wie der Fallschirm gefaltet wurde, dazu geführt habe, daß die Kappe die Kapsel getroffen habe. Auch der Wiedereintrittswinkel des Raumfahrzeugs könnte eine Rolle gespielt haben.

Stafford erklärte, daß es keine Aufzeichnung über einen vergleichbaren Vorfall bei vorangegangenen SOJUS-Landungen gebe. Er erklärte weiter, daß von russischer Seite der Vorfall untersucht worden sei, und Schritte eingeleitet wurden, um sicherzustellen, daß er in Zukunft nicht wieder auftreten könne.

Der Vorfall, wenn auch geringfügig, ist einer von mehreren in den letzten Jahren, die an russischen Raumfahrzeugen, die die ISS versorgen, aufgetreten ist. Im letzten Dezember ging ein PROGRESS-Frachtraumfahrzeug beim Versagen der Oberstufe seines SOJUS-Trägers verloren. Ein weiterer PROGRESS strandete in der niedrigen Erdumlaufbahn, wo er nach einem Start im April 2015 unkrontrolliert herumtaumelte. Er trat wenige Tage später wieder in die Erdatmosphäre ein, ohne die ISS erreicht zu haben.

Stafford erklärte, daß die Untersuchung des Fehlstarts vom Dezember 2016 durch ein Telemetriesystem behindert wurde, das nicht in der Lage war, die nur wenige Millisekunden dauernde Anomalie aufzuzeichnen, die zum Versagen der Oberstufe führte. Roskosmos habe seither das Telemetriesystem aufgewertet, um sehr schnell ablaufende Ereignisse besser erfassen zu können. Außerdem, erläuterte er weiter, habe man generell die Qualitätskontrolle für die Fertigung von Trägerraketen und Raumfahrzeugen überprüft und verbessert.

Am 12. Oktober wurde der Start eines weiteren PROGRESS in der letzten Minute vor der Zündung der Triebwerke der SOJUS-Trägerrakete abgebrochen, ein seltener Vorfall in der Geschichte von SOJUS-Missionen zur ISS. Dieser Startabbruch erfolgte, weil eine elektrische Verbindung zwischen einem der Starttürme und der Rakete sich nicht wie vorgesehen abgetrennt habe, und so verhindert habe, daß die Rakete auf interne Stromversorgung umschaltet.

Der SOJUS-Träger hat den PROGRESS dann zwei Tage später, am Samstag Morgen mitteleuropäischer Zeit, gestartet. Er hat am 16. Oktober erfolgreich an der ISS angelegt.

Quelle: Space News
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 18. Oktober MMXVII