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Artikel 10. Juli 2002
Die Eruptionswarnung aus der Umlaufbahn
Satellitenaufnahmen zeigen, daß vier Andenvulkane nicht ruhend sondern aktiv sind

Die Erforschung und Überwachung von Vulkanen wird in dieser Woche einen wichtigen Schritt zu verbesserter Vorhersage und Sicherheit machen, wenn Forscher Satellitendaten veröffentlichen, die zeigen, daß vier südamerikanische Vulkane nicht, wie bisher angenommen, schlafen, sondern tatsächlich aktiv sind.

In der morgigen Ausgabe der Zeitschrift "Nature" werden der Caltech Absolvent Matthew Pritchard und sein Doktorvater Mark Simons ausführlich über Hinweise von feinsten Bodendeformationen berichten, die sie bei vier Andenvulkanen festgestellt haben. Die Forscher machen aber keine Aussagen darüber, ob und wann ein Ausbruch bevorsteht.

Die Studie beinhaltete Daten von 900 Vulkanbergen, die in acht Jahren von den europäischen Satelliten ERS 1 und 2 zusammengetragen wurden.

In einigen Fällen hebt sich der Boden um 1-2 Zentimeter pro Jahr an. Bei einem anderen Berg hingegen sinkt der Boden aus nicht bekannten Gründen ab. Derartige Veränderungen deuten darauf hin, daß Magma, das Material, daß zu Lava wird, sobald es an die Oberfläche tritt, emporquillt und sich unter dem Berg umherbewegt.

Interessanterweise zeigten von den 50 Vulkanen der Studie solche, die vorher als möglicherweise aktiv klassifiziert worden waren, keine derartigen Bodenbewegungen.

Zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ausbrüchen eines bestimmten Vulkans können Jahre und bisweilen sogar Jahrhunderte vergehen und in den letzten Jahren haben sich die Wissenschaftler intensiv damit beschäftigt, bessere Überwachungstechniken zu entwickeln, obwohl die Vorhersage von Eruptionen immer noch eine ungenaue Wissenschaft ist. Bodenverformungen sind zu einem ziemlich verläßlichen Anzeichen von möglicherweise bevorstehender Oberflächenaktivität, wie katastrophalen Schlammlawinen und sogar explosionsartigen Lava- und Ascheausbrüchen geworden.

Während die neue Studie Geologen helfen kann, vor zukünftigen Ausbrüchen zu warnen, ist sie wahrscheinlich noch wichtiger dafür, daß es als Beweis für eine relativ neue empfindliche und verläßliche Methode gelten kann, um aktive Vulkane zu finden, die dann von Wissenschaftlern mit bodengebundenen Methoden nach verdächtigen chemischen Anzeichen bevorstehender Gefahr untersucht werden können.

Bis vor kurzem verließen sich Geologen, die Bodenhebungen überwachten, hauptsächlich auf das Globale Positionsbestimmungssystem (GPS), einer Sammlung von Satelliten, die von einer bodengestützten Einrichtung abhängen um hochpräzise Höhen- und Ortsangaben für einen bestimmten Punkt zu bestimmen.

Interferogramm
Oben: Typisches Interferogramm. Jedes Farbband (von blau bis rot) steht für eine Anhebung um 2,8 cm. (Abbildung: Space.com)
Mit der neuen, Interferometrie genannten Methode lassen Satelliten einen Radarstrahl vom Boden zurückwerfen, um dann die Zeit zu messen, die der Strahl braucht, um zurückzukehren. Während eines anderen Umlaufes, wenn der Satellit sich in derselben Position befindet, Tage oder sogar Jahre später, wird der Vorgang wiederholt.

Jede Änderung in der Laufzeit des Signals zeigt eine Bewegung des Bodens an. Anders aber als das GPS kann die Satelliteninterferometrie ganze Regionen vermessen und Karten erzeugen, die die Veränderung über der Zeit darstellen.

Eine Magmakammer muß man sich nun wie einen Ballon unter der Oberfläche vorstellen, der sich ausdehnt und zusammenzieht. Wenn sich die Kammer ausdehnt, weil mehr Material hineinquillt, so muß sich unweigerlich die Oberfläche darüber anheben, und genau das kann man mit den Satelliten anmessen.

Die Forscher meinen nun, daß mit einer neuen Generation von Satelliten in den richtigen Umlaufbahnen alle Vulkane der Erde, bis auf die unterseeischen, einmal die Woche vermessen werden könnten, was einen deutlichen Einfluß auf die Vorhersage von Gefahren durch bevorstehende Vulkanaktivitäten hätte.

Bereits eine Anordnung aus drei oder vier Satelliten könnte dies bewerkstelligen und auch noch anderes, wie die Überwachung der Bewegung von Gletschern und sogar die winzigen Bewegungen der Erdkruste, die den Wissenschaftlern helfen könnte, Orte mit Erdbebengefährdung auszumachen.

Dies könnte die Geophysik der festen Erde und die Glaziologie (Wissenschaft von Eis und Gletschern) revolutionieren.

Die Datenanalyse wurde mit Software durchgeführt, die am Caltech und dem Laboratorium für Strahlantriebe (JPL) der NASA entwickelt wurde.

Der allgemeine Ansatz, Interferometrie zu verwenden, ist nicht neu. Bereits zuvor haben andere Interferometriesatellitenprojekte ähnlich vielversprechende Ergebnisse in weniger umfassenden Vulkanvermessungsprojekten gebracht. Diese Technik wurde sogar eingesetzt, um Lavaströme nach Vulkanausbrüchen zu vermessen.

Interferometrie wird auch eingesetzt, um die Beobachtungen mehrerer bodengestützter Teleskope zu kombinieren, um noch genauere Messungen von entfernten Sternen zu erhalten. Und Astronomen sind der Ansicht, daß eine Flottille von Weltrauminterferometern eines Tages für die Suche nach erdgroßen Planeten in anderen Sonnensystemen verwendet werden kann.

Quelle: Space.com


letzte Änderung am 10. Juli MMII