Artikel 18. Februar 2004 |
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Der Monsterschlund
Stern von riesigem Schwarzem Loch buchstäblich zerrissen
Die Astronomen gehen davon aus, daß ein Stern einem gigantischen Schwarzen Loch zu nahe gekommen ist, nachdem ihn eine Beinahe-Kollision mit einem anderen Stern aus seiner Bahn geworfen hatte. Als er sich nun der enormen Schwerkraft des Schwarzen Lochs näherte, wurde er von dessen Gezeitenkräften so stark verformt, daß es ihn zerriß. Diese Entdeckung vermittelt wichtige neue Erkenntnisse über das Wachstum von Schwarzen Löchern und ihren Einfluß auf die sie umgebenden Sterne und Gase. "Geringe Verformungen können Sterne überleben, wenn sie sich in binären Sternensystemen befinden, aber dieser Stern wurde über seine Grenzen gestreckt“, sagt Dr. Stefanie Komossa vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Deutschland, die das internationale Forscherteam leitet. "Dieser unglückliche Stern hat sich einfach in die falsche Nachbarschaft begeben.“ Frühere Beobachtungen hatten bereits angedeutet, daß Sterne von Schwarzen Löchern zerstört werden (ein Ereignis, das als "Zerreißen von Sternen durch die Gezeitenkräfte Schwarzer Löcher“ bezeichnet wird). Die neuen Beobachtungen liefern den ersten handfesten Beweis für diese Vermutung.
Die Masse des Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie RXJ1242-11 wird auf das Hundertmillionenfache der Masse der Sonne geschätzt, während die des zerrissenen Sterns vermutlich ungefähr der der Sonne entsprach - womit der Stern dem Schwarzen Loch in punkto Schwerkraft nicht viel entgegenzusetzen hatte. Hasinger spricht denn auch vom "Kampf Davids gegen Goliath, aber mit David als Verlierer.“ Die Astronomen gehen davon aus, daß das Schwarze Loch etwa ein Prozent der Masse des Sterns versch luckt - in der Fachsprache: akkretiert - hat. Diese geringe Menge würde die Voraussage stützen, daß durch den Schwung und die Energie des Akkretionsvorgangs der größte Teil des Gases des zerrissenen Sterns von dem Schwarzen Loch weggeschleudert wird. Die Kräfte, die den Stern in der Galaxie RXJ1242-11 zerrissen haben, sind ein extremes Beispiel der durch Unterschiede in der Schwerkraft vor und hinter einem Objekt verursachten Gezeitenkräfte. Die Gezeitenkräfte des Mondes bewirken Ebbe und Flut auf der Erde, die des Jupiter haben den Kometen Shoemaker-Levy zerrissen, bevor er in dem Riesenplaneten verschwand.
Gewaltige sogenannte Flares wurden bereits früher in unterschiedlichen Galaxien beobachtet, aber nun wurde ein solches Ereignis erstmals mit der hohen Spektralauflösung von XMM-Newton und der hohen räumlichen Auflösung von CHANDRA unter die Lupe genommen. Beide Satelliten ermöglichten einen großen Schritt vorwärts: CHANDRA zeigte, daß der Vorgang im Zentrum der Galaxie stattfand, wo das Schwarze Loch lauert, während die mit XMM-Newton vorgenommene Spektralanalyse die typischen Merkmale der Umgebung eines Schwarzen Lochs nachwies und es somit gestattete, andere in Frage kommende astronomische Erklärungen auszuschließen. Beweise für das Vorhandensein supermassiver Schwarzer Löcher gibt es in
zahlreichen Galaxien. Das Aufspüren von Zerreißvorgängen durch
Gezeitenkräfte stellt jedoch eine völlig eigene Methode für die Suche nach
ihnen dar. Beobachtungen dieser Art sind zur Bestimmung der
Wachstumsgeschwindigkeit von Schwarzen Löchern aufgrund des Verschlingens
benachbarter Sterne von entscheidender Bedeutung. Quelle: ESA-Pressemitteilung Nr. 12-2004 |