Artikel 19. November 2008 |
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Mysteriöse Quelle kosmischer Strahlung entdeckt
Quelle liegt relativ nah zu unserem Sonnensystem - möglicherweise dunkle Materie involviert
"Dies ist eine große Entdeckung", meinte Co-Autor John Wefel von der Staatsuniversität von Louisiana. "Es ist das erstemal, das wir eine diskrete Quelle beschleunigter kosmischer Strahlung sehen, die sich vom allgemeinen galaktischen Hintergrund abhebt." Die galaktische kosmische Strahlung besteht aus subatomaren Partikeln, die durch entfernte Supernovaexplosionen und andere heftige Ereignisse auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Sie schwärmen durch die Milchstraße, bilden einen Dunst aus hochenergetischen Partikeln, die schließlich aus allen Richtung in das Sonnensystem eindringen. Die kosmische Strahlung besteht hauptsächlich aus einer Mischung von Protonen und schwereren Atomkernen, gewürzt mit einer Prise Elektronen und Photonen. Um die energiereichsten und interessantesten kosmischen Strahlen untersuchen zu können, haben Wefel und seine Kollegen die letzten acht Jahre damit verbracht, eine Serie von Ballons durch die Stratosphäre über der Antarktis zu schicken. Jedes mal war die Nutzlast ein von der NASA bezahlter Detektor für kosmische Strahlung, ATIC genannt, die Abkürzung für "Advanced Thin Ionisation Calorimeter" ("Weiterentwickeltes Dünnes Ionisationskalorimeter"). Die Gruppe erwartete, daß ATIC nur die übliche Mischung aus Teilchen, hauptsächlich Protonen und Ionen, nachweisen würde, aber das Kalorimeter fand noch mehr: einen Überfluß an hochenergetischen Elektronen.
"Die Quelle dieser exotischen Elektronen muß in relativer Nähe zum Sonnensytem liegen, nicht mehr als ein Kiloparsec entfernt", erklärt Co-Autor Jim Adams vom Marshall Raumflugzentrum der NASA. (1 pc = 3,262 Lichtjahre = 3,086 Billionen km) Warum muß die Quelle in der Nähe liegen? Adams erläutert: "Hochenergetische Elektronen verlieren schnell an Energie, während sie durch die Galaxis fliegen. Sie geben ihre Energie auf zwei verschiedene Weisen ab: 1. wenn sie mit Photonen niedrigerer Energie zusammenstoßen, ein Vorgang, der als Compton-Streuung bezeichnet wird, und 2. wenn sie etwas von ihrer Energie abstrahlen während sie in Spiralen dem Magnetfeld der Galaxis folgen." Sobald ein Elektron eine Strecke von einem Kiloparsec zurückgelegt hat, ist seine Energie schon nicht mehr so hoch. Hochenergetische Elektronen sind also ein eher lokales Phänomen. Einige Mitglieder des Forschungsteams glauben, daß die Quelle nur ein paar hundert Parsec entfernt liegen könnte. Zum Vergleich: Die Spiralscheibe unserer Milchstraßengalaxis ist ungefähr 30000 Parsec im Durchmesser. Diese Unsicherheit gibt eine Menge Raum für Spekulation. Die am wenigsten exotischen Möglichkeiten gehen von einem nahen Pulsar, einem "Mikroquasar" oder einem schwarzem Loch aus; alle sind in der Lage Elektronen auf diese Energien zu beschleunigen. Es ist durchaus möglich, daß sich eine derartige Quelle irgendwo in der Nähe versteckt. Das kürzlich gestartete Gammastrahlen-Weltraumteleskop FERMI hat gerade erst begonnen, den Himmel mit genügender Empfindlichkeit abzusuchen, um solche Objekte aufspüren zu können.
Es gibt eine Klasse von physikalischen Theorien, "Kaluza-Klein-Theorien" genannt, die versuchen, Schwerkraft mit anderen fundamentalen Kräften in Übereinstimmung zu bringen, indem sie zusätzliche Dimensionen hinzufügen. Zusätzlich zu den vertrauten drei Dimensionen menschlicher Erfahrung, könnten bis zu acht weitere Dimensionen in den uns umgebenden Raum eingewoben sein. Eine populäre, wenn auch bislang unbewiesene Erklärung für dunkle Materie ist, daß Partikel aus dunkler Materie diese Extradimensionen bewohnen. Wir nehmen ihre Gegenwart über ihre Schwerkraft wahr, aber auf keine andere Weise sonst. Aber wie kann das Überschußelektronen produzieren? Kaluza-Klein-Partikel haben die merkwürdige Eigenschaft (eine von vielen), daß sie ihr eigenes Antiteilchen sind. Wenn zwei von Ihnen zusammenstoßen, löschen sie sich gegenseitig aus und produzieren dabei einen Sprühregen an hochenergetischen Photonen und Elektronen. Die Elektronen gehen in den versteckten Dimensionen nicht verloren, sondern materialisieren in den drei Dimensionen der realen Welt, wo sie das ATIC als "kosmische Strahlung" detektieren kann. "Unsere Daten könnten durch eine Wolke oder einen Klumpen aus dunkler Materie in der Nähe des Sonnensystems erklärt werden", meinte Wefel. Insbesondere gibt es ein hypothetisches Kaluza-Klein-Partikel mit einer Masse von ungefähr 620 GeV, das, wenn es ausgelöscht wird, Elektronen mit genau dem Energiespektrum produzieren würde, wie wir sie beobachtet haben." Diese Möglichkeit zu testen ist nicht trivial, weil dunkle Materie so ... nun ... dunkel ist. Aber es könnte möglich sein die Wolke zu finden, wenn man nach anderen Auslöschungsprodukten Ausschau hält, wie zum Beispiel Gammastrahlen. Hier wiederum hat das FERMI-Weltraumteleskop die besten Chancen die Quelle aufzuspüren. "Was immer es auch ist", meint Adams, "wird uns in Erstaunen versetzen." Quelle:
NASA-Science
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