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Artikel 14. Juli 2011
HUBBLE-Nachfolger noch in weiter Ferne
NASA: Zusätzliches Geld benötigt, um James Webb Weltraumteleskop noch in diesem Jahrzehnt zu starten

James Webb Weltraumteleskop
Oben: Das James Webb Weltraumteleskop. (Abbildung: NASA/ESA
Eine Woche nachdem ein Unterausschuß des US-Repräsentantenhauses die Streichung des kostspieligen Nachfolgers des NASA-Weltraumobservatoriums HUBBLE vorgeschlagen hat, haben Verantwortliche der amerikanischen Raumfahrtbehörde gegenüber einem Beratergremium am Donnerstag erklärt, daß das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) frühestens im Jahr 2018 gestartet werden könne, daß die politischen Realitäten aber den Beginn der Mission bis 2020 verzögern könnten.

Nachdem eine unabhängige Bewertung die Verwaltungspraktiken des JWST-Projektes verurteilte, hatte die NASA eine eigene Überprüfung durchgeführt, um mit einer realistischen Voraussage des Startdatums und der Gesamtkosten des Flaggschiff-Weltraumteleskops aufwarten zu können.

Rick Howard, der JWST-Programmdirektor bei der NASA, erklärte, die Behörde habe festgestellt, daß das Observatorium mit einer europäischen Ariane 5 Trägerrakete frühestens im Oktober 2018 gestartet werden könnte, aber daß dies zusätzliche Finanzmittel erforderte.

Aber da die US-Regierungsinstitutionen derzeit mit der enormen Schuldenlast ringen, ist eine Haushaltserhöhung für das problembehaftete JWST-Projekt eher unwahrscheinlich. NASA-Verantwortliche hatten vor dem Astrophysikalischen Beratergremium der Behörde vorgesprochen, einem Ausschuß hochrangiger Wissenschaftler, die beauftragt wurden, Ratschläge und Eingaben für größere und programmatische Entscheidungen zu liefern.

"Für einen Start im Jahr 2018 würden wir eine signifikante Menge neuer Finanzmittel benötigen", meinte Howard.

Aber niemand wollte sagen, wieviel es genau kosten würde, das Teleskop 2018 zu starten. Das Weiße Haus hält diese Zahlen bis Februar 2013 zurück, wenn die Regierung Obama ihren Haushaltsentwurf für 2013 vorstellt.

Bis dahin, so sagen die Wissenschaftler, wird es schwierig werden, die astronomischen und astrophysikalischen Gemeinschaften davon zu überzeugen, daß das JWST eine fortgesetzte Investition durch die NASA wert sei, obwohl es das schwindende Budget für die Weltraumwissenschaft mehr und mehr verbraucht und den Start anderer Missionen verzögert.

Die NASA hat bislang $3,5 Milliarden (ca. €2,47 Milliarden) für das JWSR ausgegeben. Ein unabhängiges Untersuchungsteam berichtete im November, daß die Mission am Ende wahrscheinlich mindestens $6,5 Milliarden (ca. €4,6 Milliarden) kosten werde, vorausgesetzt es werde im Jahr 2015 gestartet.

Im letzten Haushaltsentwurf von US-Präsident Obama, der das im Oktober beginnende Haushaltsjahr abdeckt, schlug die Regierung vor, in den nächsten fünf Jahren jährlich $375 Millionen (ca. €265 Millionen) für das JWST-Projekt zu veranschlagen. Für viele Wissenschaftler, die in dieser Woche an der zweitägigen Beratergremiumsitzung in Washington teilnahmen, ist dies das Szenario des günstigsten Falls.

Der Bewilligungsausschuß des Repräsentantenhauses, der die NASA überwacht, hat in der letzten Woche einen Entwurf veröffentlicht, der das JWST-Projekt beenden würde. Im US-Senat existiert mehr Unterstützung für das Projekt, aber Abgeordnete, die sich der Haushaltssituation bewußt sind, könnten den Kongreß dahingehend beeinflussen, den JWST-Haushalt drastisch zu kürzen oder zumindest niedrig zu halten.

"Wenn dies so bleibt, dann heißt das, das Programm in die Länge zu ziehen und erst deutlich nach 2020 zu starten", erläuterte Howard. "Ich persönlich denke, daß dies keinen Raum gangbarer Lösungen darstellt."

Ed Weiler, der beigeordnete NASA-Administrator für Wissenschaft, nannte das niedrige Budget der Obama-Regierung für das JWST eine "Straße in's Nirgendwo".

"Wir müssen damit beginnen, aber unsere Enkel werden es nutzen müssen", meinte Weiler.

Sollte sich das Programm in die Länge ziehen und das Observatorium erst in den 2020ern gestartet werden, dann würde das auch unweigerlich die gesamtkosten in die Höhe treiben, erklärte Weiler weiter.

"Wenn man JWST so früh wie möglich durchführen will, und auch mit einem hohem Maße an Zutrauen, ... dann ist das der neue Plan, den man verfolgen will", meinte Howard. "Wenn man damit anfängt die Dinge vor sich her zu schieben, wird es mehr kosten. Will man dem Steuerzahler aber möglichst wenig abverlangen, dann ist das der Weg."

Eine Verzögerung des Projektes über das Jahr 2020 hinaus würde auch die Fähigkeit des Entwicklungsteams belasten, auf das Projekt konzentriert zu bleiben. Howard erklärte, zwei seiner Hauptsorgen seien, das Team zusammenzuhalten und Komponenten, wie Spiegel und Instrumente, zu lagern, die 2012 fertiggestellt würden und an denen erst Jahre später wieder Hand angelegt werden würde.

James Webb Teleskop
Oben: Die Hauptkomponenten des JWST: Primärspiegel (Primary mirror), Umlenkspiegel (Secondary mirror), Instrumentenabteil (Instrument bay), Sonnenschild (Sunshield) und Steuersysteme des Raumfahrzeugs (Spacecraft control systems). Oben links ist die Umlaufbahn des JWST am zweiten Langrangepunkt (L2) in einer Million Kilometer Entfernung von der Erde dargestellt. (Abbildung: NASA)
"Es ist besser die Arbeit abzuschließen und das Risiko zu begraben ... als die Lieferpläne für die Instrumente aus Europa und Kanada in die Länge zu ziehen oder die Testaktivitäten zu stoppen und dann wieder neu zu starten", fuhr Howard fort. "Das Ergebnis wäre, das man lange Zeiträume mit geringer oder gar keiner Aktivität für einige Subsysteme hätte."

Als NASA-Administrator Charles Bolden in dieser Woche vor dem Repräsentantenhausauschuß für Wissenschaft, Raumfahrt und Technologie vorsprach, ging er davon aus, daß sich das JWST zu den gleichen Kosten wie HUBBLE starten ließe.

"Ich würde sagen, daß wir das James Webb für die gleichen Kosten wie HUBBLE, inflationsbereinigt, in Betrieb nehmen können", erklärte Bolden.

Die NASA hat sein Beginn des Projektes rund $10 Milliarden (ca. €7 Milliarden) für HUBBLE ausgegeben, aber es wurde Jahre später als geplant gestartet aufgrund von Schwierigkeiten bei der Entwicklung, steigenden Kosten und dem CHALLENGER-Unglück von 1986.

"JWST ist noch nicht einmal annähernd an den 400% Kostenüberschreitung von HUBBLE heran", meinte Weiler. "Niemand erinnert sich heute noch an die Kostenüberschreitungen, weil es die größte Sache seit geschnittenem Brot ist."

Das James Webb Observatorium, das Weltraumteleskop der nächsten Generation, wird in einer Million Kilometer Entfernung von der Erde geparkt, weit ab von jeglicher Möglichkeit der Reparatur, Wartung und Aufwertung. HUBBLE's Erfolg basierte auf der Möglichkeit der amerikanischen Raumfähren, in der niedrigen Erdumlaufbahn kaputte Teile zu reparieren und wissenschaftliche Instrumente gegen bessere auszutauschen.

Weiler und Howard stimmten darin überein, daß das Herunterschrauben der hochfliegenden wissenschaftlichen Ambitionen des JWSTs nichts bewirken würde, außer zu diesem Zeitpunkt Geld einzusparen.

Entwickelt als Nachfolger für das Weltraumteleskop HUBBLE ist das JWST ein gemeinsames Projekt zwischen der NASA und der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Mit seinem 6,5 Meter durchmessendem Hauptspiegel ist das Teleskop dafür entworfen worden, in der Zeit bis kurz nach dem Urknall zurückzuschauen und den Astronomen einen Blick auf Babygalaxien zu einem Zeitpunkt zu gewähren, als sich das Universum nach seiner Entstehung abkühlte.

Das JWST soll auch die Entwicklung von Galaxien verfolgen, Sternentstehung beobachten und die chemische Zusammensetzung von Planeten jenseits unseres Sonnensystems zu messen und dabei zu untersuchen, ob Leben auf diesen Planeten möglich ist, oder nicht.

Es Trägt vier Instrumente, die von Konsortien in den USA, Kanada und Europa hergestellt wurden.

"Es ist zu spät im Programm", meinte Weiler. "Die Instrumente sind kurz vor der Auslieferung. Die Spiegel sind fertiggestellt. Es ist gerade so, als ob sie auf der ganzen Welt ein Auto bauen, wobei der Vergaser in Kalifornien ist und der Motor in Deutschland. Die gute Nachricht ist, daß wir die meisten Teile fertiggestellt haben. Wie sollen wir das herunterschrumpfen, wenn die eigentlichen Kosten sind, das alles zusammenzusetzen?"

Ein Team, das die langwierige Testkampagne auswertet, hatte vorgeschlagen, sechs Monate vom Entwicklungsplan einzusparen, indem man redundante Test streicht und den Plan optimiert.

Etwa 75% der Fluggerätschaften, gerechnet nach der Masse, ist nach Angaben der NASA bereit für die Herstellung, in der Herstellung, beim Testen oder bereits ausgeliefert. Darin nicht eingerechnet sind komplizierte Leichtbaumechanismen, wie der Sonnenschild, eine Fünf-Schicht-Isolierdecke von der Größe eines Tennisplatzes.

Der Sonnenschild wird die Infrarotinstrumente des JWST kühl genug halten, um die kalten Ecken des Universums und entfernteste Galaxien gut genug aufzulösen.

"Verkleinern und Beschneiden wird nichts anderes bewirken, als auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu verzichten", meinte Howard. "Gewinnen tut man damit nichts."

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 17. Juli MMXI