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Artikel 23. September 2010
Gentechnisch verändertes Leben könnte Reisen zum Mars vereinfachen
Wissenschaftler erörtern das Für und Wider - Vorteile scheinen zu überwiegen

Künstlerische Darstellung einer künftigen Mondbasis
Oben: So stellt sich ein Künstler eine künftige Mondbasis vor. Synthetische Organismen könnten den Astronauten dabei helfen, Lebensmittel und Treibstoff herzustellen. (Abbildung: NASA)
Wenn man seine sieben Sachen für eine bemannte Mission zum Mars oder Mond packt, könnte es das Beste sein, anstatt Nahrungsmittel und Treibstoff mitzunehmen, speziell entwickelte Organismen dabei zu haben, die diese Dinge erzeugen können.

Wissenschaftler erforschen gerade die Möglichkeit der Herstellung von synthetischen Organismen, die die im Sonnensystem verfügbaren Ressourcen nutzen würden, um die Versorgungsgüter herzustellen, die Astronauten bräuchten, um auf anderen Planeten zu überleben.

"Ich interessiere mich für die Besiedelung des Weltraums", sagte John Cumbers, ein Hochschulabsolvent am Ames-Forschungszentrum der NASA in Moffett Field, Kalifornien, der künstliche Mikroben erforscht. "Ich denke, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder gehen wir in den Weltraum hinaus und leben in einer Blechdose, oder wir bilden da draußen etwas von der Schönheit der Natur nach, die wir hier auf der Erde haben."

Cumbers äußerte, dass er kein Freund von Terraforming sei, oder die komplette Umwandlung der Oberfläche eines Planeten befürworte, um die Erde nachzuahmen. Stattdessen hält er es für besser, genmanipulierte Organismen auf verantwortungsbewusste Weise einzusetzen, um das Leben in einer fremden Umgebung leichter zu machen.

"Ich denke, da gibt es viel, was wir mit Biologie tun können, um zu einem fruchtbaren Ergebnis zu kommen, ohne die Organismen dabei unkontrolliert freizusetzen", führte Cumbers in dem englischsprachigen Magazin "Astrobiology" weiter aus.

Die Gefahren eines frankensteinschen Lebens

Sogar unter sorgfältiger Planung könnte dieses Konzept einige Risiken bergen, denn manche Wissenschaftler warnen davor, ein frankensteinsches Leben zu kreieren, das sich zu einer eindringenden Spezies mit ungewollten Konsequenzen für die Menschen oder die fremde Umgebung (samt jeglichem ursprünglichem Leben) entwickeln könnte.

Andere Wissenschaftler raten aber dazu, die Ängste im Zaum zu halten.

"Ich glaube nicht, dass das besonders gefährlich wäre", meint Chris McKay, ein Planetenwissenschafter am Ames-Forschungszentrum, der nicht am Projekt von Cumbers beteiligt ist. "Die Art von Organismen, die darin gut wäre Mineralien abzubauen, wie zum Beispiel acidophile Lebewesen, sind nicht der Typ Organismus, der Krankheiten hervorruft."

Und, so erklärte er, diese synthetischen Organismen würden kein größeres Risiko dabei darstellen, die Suche nach außerirdischen Leben zu verunreinigen, als dies auch normale Mikroben täten, die von Menschen und Raumfahrzeuge mitgebracht werden.

"Auf jeden Fall müssen wir lernen, wie wir zwischen Verunreinigungen von der Erde und dem außerirdischen Leben unterscheiden können", schloss McKay.

Das Leben einfacher machen

Darstellung eines Bioreaktors in der Umlaufbahn des Mars
Oben: Bioreaktoren in der Umlaufbahn des Mars könnten die Ressourcen des Roten Planeten dazu verwenden, um Nahrungsmittel oder Treibstoff herzustellen. Einige Wissenschaftler schlagen vor, dass synthetische Organismens gezeugt werden, die bei diesen Prozessen helfen sollen. (Abbildung: Eric Belita/John Cumbers)
Um einen Organismus zu entwerfen, der auf einem anderen Planeten von Nutzen ist, wollen Wissenschaftler die gewünschten guten Eigenschaften von mehreren Arten kreuzen und auf einander abstimmen. Sie könnten zum Beispiel mit einer Art beginnen, die etwas Hilfreiches tun kann, so wie dem Umwandeln von Materialien in Biotreibstoff oder Nahrungsmittel. Diese Spezies könnte der rauen Umgebung wie der Marsoberfläche aber nicht gewachsen sein, wo es keine Atmosphäre gibt, die die schädliche UV-Strahlung abhält, und wo Temperaturen von Eiseskälte herrschen.

Um dieses Problem zu lösen, könnten die Wissenschaftler diese Organismen mit Genen von extremophilen Lebensformen ausstatten. Das sind Lebensformen auf der Erde, die in extremen Umgebungen leben und mit sehr kalten Temperaturen zurechtkommen und der UV-Strahlung trotzen.

Die Wissenschaftler haben in diesem Bestreben schon einige Erfolge erzielt. Cumbers beschrieb ein Experiment bei dem Wissenschaftler ein Escherichia-coli-Bakterium genetisch hergestellt hatten, das tiefere Temperaturen überlebte, als es dies normalerweise tun würde. Sie schafften dies, indem sie Gene eines Chaperons eines kälteresistenten Organismus, wie er in Meereis vorkommt, in eine E.-coli-Zelle übertrugen. Ein Chaperon ist ein Protein, das anderen Proteinen dabei hilft, sich korrekt zu falten.

Ein Ziel, das sich für die Erkundung des Weltraums als nützlich herausstellen könnte, ist die Schaffung einer synthetischen Version von Spirulina, einem Nahrungsergänzungsmittel, das aus mikroskopisch kleinen Algen hergestellt wird, die von Cyanobakterien gebildet werden. Spirulina ist ein Vollprotein, was bedeutet, dass es alle essentiellen Aminosäuren enthält, die Menschen für ihre Ernährung benötigen. Das macht es für eine Weltraummission zum optimalen Lebensmittel.

Spirulina wächst allerdings für gewöhnlich in offenen Teichen in den warmen Gewässern von Hawaii. Es also für ein Leben wie zum Beispiel auf dem Mond anzupassen, ist eine Herausforderung für die Bioingenieure.

Für den Weltraum packen

Ein Grund dafür, dass genmanipulierte Organismen für das Reisen im Weltraum so reizvoll sind, ist, dass sie im Koffer eines Astronauten sehr viel Platz freimachen könnten. Je mehr Versorgungsgüter Weltraumreisende an ihrem Ziel selbst produzieren können, desto weniger müssen sie vor dem Start in ihr Raumfahrzeug verladen.

"Auf bemannte Missionen zum Mond oder dem Mars müssen wir fast alles mitnehmen, zumindest anfangs", sagte Cumbers. Wenn wir über diese neue Technologie verfügen, bei der wir das ganze Genom eines Organismus nehmen und es in den Weltraum schicken können - und diese einzelne Zelle sich aus den Ressourcen nachbilden kann, die sie um sich herum findet und nicht aus Ressourcen, die wir mitgebracht haben - dann haben wir begonnen, das Problem zu lösen.

Cumbers stellte seine Arbeit im April zusammen mit Lynn Rothschild, seiner Studienberaterin am Ames-Forschungszentrum, auf der Astrobiologischen Wissenschaftskonferenz in League City, Texas, vor.

Quelle: Space.com, Astrobiology Magazine
Bearbeitet von: Joachim Dietlicher


letzte Änderung am 7. Oktober 2010