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Artikel 17. Juli 2001
Nitrate und Blitze: Der Schlüssel zum frühen Leben auf der Erde
Auf der frühen Erde mußten sich die ersten Lebensformen sich verändernden atmosphärischen Bedingungen anpassen

Vor 2 Milliarden Jahren war das Leben auf der Erde buchstäblich Schmutz in einem Teich. Trotzdem haben sich alle anderen Lebensformen aus diesen Vorlebensformen, den "low-lifes", entwickelt. Bekannt ist, daß während des Zeitalters der Archaeen diese einfachen einzelligen Protopflanzen gezwungen wurden, sich von opportunistischen Stickstofffressern zu eifrigen Stickstoffherstellern zu entwickeln.

Leben durch

Blitze
Oben: Blitze waren eine lebensbringende Kraft in der Urzeit der Erde. Sie setzen hohe Energien in der Atmosphäre frei, die die Produktion von Nitraten aus Stickstoff und Kohlendioxid ermöglichen. Einfache Pflanzen wurden von diesen Nitraten gedüngt, bis ein Mangel an CO2 sie zwang, nitratbindende Wege einzuschlagen. (Abbildung: Space.com)
Bis jetzt bleibt es ein Geheimnis, wie dieser evolutionäre Sprung zustande kam. Die Forscher des Ames Forschungszentrums der NASA und der Universidad Nacional Autonoma de Mexico (UNAM) fanden heraus, daß der Wechsel der atmosphärischen Bedingungen in der alten Atmosphäre die Bakterien dazu brachte, sich mehr selbst zu versorgen, produktiver und letztendlich anpassungsfähiger für andere Umweltbedingungen zu sein.

Die Ergebnisse haben Auswirkungen auf die Astrobiologie und die Fragen darüber, wie und wann Leben auf unseren Planeten entstand und sich entwickelte, und wie dies auf anderen Welten geschehen könnte.

"Wir sind es gewohnt zu denken, daß unsere Umgebung und das Leben stetig und unveränderlich ist," sagt Chris McKay, einer der NASA Forscher dieses Projekts. "Aber die frühe Erde sah ganz anders aus. Es traten große Veränderungen in der Atmosphäre auf, an die sich das Leben anpassen mußte. Die für mich interessanteste Frage, die daraus folgt: Passierte dies auch auf anderen Planeten?"

Die Erde unterschied sich im Zeitalter der Archaeen deutlich. Die Atmosphäre bestand nicht wie heute aus Sauerstoff und Stickstoff im Verhältnis 20:80, sondern setzte sich aus 50% Stickstoff und 50% Kohlendioxid zusammen.

Neben dem Kohlendioxid, Licht und Wasser brauchen Pflanzen Nitrate zum leben. In der Frühzeit gab es ein höheres Niveau von Stickstoff in der Atmosphäre. Nitrate, die durch Blitze entstanden, gab es für die Pflanzen mehr als genug. Die Ames/UNAM-Forscher stellen nun die Theorie auf, daß das Kohlendioxid in der Atmosphäre ein Katalysator für eine Reaktion war, die anorganische Nitrate für die Lebensformen der Archaeen-Aera verwertbar machten.

Das änderte sich, als die Menge an Kohlendioxid in der Atmosphäre dramatisch absank. Alte Erdproben zeigen, daß dieser Abfall, der über 100 Millionen Jahren in der Archaeen-Ära andauerte, die Nitratversorgung praktisch austrocknen ließ. Das brachte die Pflanzen dazu, einen anderen Weg zu finden, Stickstoff für sich selbst verfügbar zu machen.

Eine atmosphärische Rückversicherung

Laut McKay ist der Grund für den Kohlendioxidabfall noch immer ein Geheimnis. Aber, dank des Experiments der Ames/UNAM- Forscher, gilt dies nicht mehr für die Auswirkung, dem Verschwinden der Nitrate aus der Umwelt.

"Die Nitratdünger kamen einst natürlich vor, aber die Vorräte erschöpften sich und die Pflanzen mußten Nitrate selbst herstellen. Pflanzen wurden gezwungen, die Kapazitäten zur Herstellung ihres eigenen Düngers zu entwickeln," meint McKay.

Um das herauszufinden, simulierten die Wissenschaftler alle Möglichkeiten der Zusammensetzung der Kohlendioxid- Stickstoffatmosphäre in einem Labor. Ein Hochleistungslaser wurde benutzt um die Blitze zu simulieren. Die Ergebnisse waren Thema in der Ausgabe der Zeitschrift "Nature" vom 5. Juli 2001.

Das Experiment beweist, daß durch Blitze tatsächlich Nitrate in der Atmosphäre produziert wurden, und was noch wichtiger ist, wie McKay erklärt, daß diese Nitratproduktion nachließ, als der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre absank. Die Pflanzen mußten durch einen evolutionären Engpaß, eine lebensbedrohliche schnelle Reduzierung ihres "Treibstoffs".

Was einen nicht umbringt...

Während man keine direkte Aussage darüber treffen könne, ob Archaeenpflanzen sich tatsächlich veränderten, meint McKay, " starb das System offensichtlich nicht."

Diesen Vorteil in der Pflanzenentwicklung hat den Pflanzen erlaubt, größere Umgebungen auf der Erde zu besiedeln, erzählt er, und die starke Vermehrung ließ vermutlich den Sauerstoffgehalt der Luft steigen. Das machte die Umwelt passend für die später auftretenden Tiere.

"Nachdem das Leben einmal die Fähigkeit entwickelt hatte, Stickstoff zu binden, wurde es durch diese Erfindung stärker," meint er. "Denn wann immer das Leben auf Veränderungen antwortet, ist es danach stärker als vorher."

Wenn diese Art der Evolution auch woanders in unserem Sonnensystem auftreten sollte, dann wäre der Saturnmond Titan wohl der beste Anwärter um danach zu suchen. Leider ist er zu kalt um Leben zu entwickeln.

"Auf Planeten, die um andere Sonnen ihre Bahnen ziehen, würde das Leben wahrscheinlich ebenfalls Stickstoff benötigen, und vielleicht muß es auch die Stickstoffbindung 'erfinden'," meint McKay.

Aber sollten diese anderen Planeten genauso eine Reduzierung des Kohlendioxidanteils erfahren, würde daraus mit hoher Wahrscheinlichkeit die Stickstoffbindung folgen. Das, meint McKay, würde dem Leben helfen in einem multizellularen Alien-Organismus oder möglicherweise einer globalen Biosphäre zu wachsen.

Übersetzt und bearbeitet von Melanie Lindner.

Quelle: Space.com


letzte Änderung am 20. Mai MMII