Zurück zur Startseite
Artikel 30.Juli 2002
Aufgepaßt! Ein Asteroid kommt!
Ein großer Felsbrocken aus dem All wird bald der Erde so nahe kommen, daß er durch das Fernglas zu sehen sein wird

Anflug auf die 
Erde
Oben: Ein computersimulierter Anblick auf unsere Erde von einem vorbeifliegenden Asteroiden.
Entspannen Sie sich, eine Gefahr für eine Kollision gibt es nicht, aber er wird der Erde nahe genug kommen, um ihn durch das Fernglas verfolgen zu können: Ein riesiger Felsblock aus dem tiefen All.

Astronomen entdeckten den nahenden Asteroiden am 14. Juli und benannten ihn als 2002 NY40 (nicht zu verwechseln mit 2002 NT7, der Anfang Juli für Schlagzeilen sorgte). Er durchmißt etwa 800 Meter und bewegt sich auf einer Bahn, die vom Asteroidengürtel bis weit in das innere Sonnensystem hineinreicht. Am 18. August wird der Asteroid schließlich in der 1,3fachen Entfernung Erde-Mond an unserem Planeten vorbeistürzen.

"Vorbeiflüge wie dieser ereignen sich etwa alle 50 Jahre, oder so," meint Donald Yeoman, der Leiter des NASA-Programms für erdnahe Objekte (NEOP). Das letzte Mal, soweit uns bekannt ist, daß ein ebenso großer Asteroid nur knapp außerhalb der Mondumlaufbahn die Erde passiert hat, war am 31. August 1925. Damals gab es aber noch niemanden, der sich auf die Asteroidenjagd verlegt hatte - das Objekt, 2001 CU11, wurde erst 77 Jahre später entdeckt. Als er die Erde passierte, wußte niemand etwas davon.

Bei 2002 NY40 ist das anders. Man weiß, daß der Asteroid im Anmarsch ist und die Astronomen haben Zeit, sich darauf vorzubereiten.

Ein von Mike Nolan geleitetes Beobachterteam am riesigen Arecibo-Radar auf Puerto Rico wird 2002 NY40 während seines Anfluges mit Radiowellen "anpingen". Die Daten, die daraus gewonnen werden, können in eindrucksvolle 3D-Karten des Asteroiden umgesetzt werden; solche Karten haben schon zuvor die Astronomen durch die verrückten Formen, die sie wiedergeben, überrascht. Bei einigen handelt es sich sogar um Binärsysteme (ein Felsbrocken umkreist einen anderen) und ein anderer sieht gar wie ein Hundeknochen aus!

"Die Radardaten werden auch unsere Kenntnisse über die Umlaufbahn des Asteroiden verbessern," fügt Jon Giorgini, Mitglied des Radarteams am JPL, hinzu. "Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir zwar schon, daß das Risiko dafür, daß 2002 NY40 in den nächsten Jahrzehnten die Erde treffen könnte, nur sehr gering ist, aber wenn die Arecibo-Messungen erst einmal durchgeführt sind, werden die Unsicherheiten noch einmal um den Faktor 200 sinken. Wir werden dann in der Lage sein, die Bahn des Asteroiden für hunderte von Jahren sowohl in die Vergangenheit, als auch in die Zukunft zu berechnen.

Das Radioteleskop von 
Arecibo
Oben: Das größte Radar der Erde: Das Radioteleskop von Arecibo auf Puerto Rico.
2002 NY40 ist jetzt noch sehr lichtschwach. Von der Sonne angestrahlt leuchtet er wie ein Stern 17. Größenklasse. Wenn er aber der Erde näher kommt, wird er heller werden und am 18. August schließlich die 9. Größenklasse erreichen. Das ist immer noch 16 mal lichtschwächer als der schwächste mit dem Auge sichtbare Stern. Für einen Asteroiden ist dies aber bereits sehr hell!

"Asteroiden sind schwer zu sehen," erklärt Yeomans, "weil sie meistens schwarz wie Holzkohle sind. Die häufigsten, kohlenstoffreiche Asteroiden vom Typ C, werfen nur etwa 3 bis 5% des Lichtes zurück, von dem sie angestrahlt werden. Metallische Asteroiden, die ziemlich selten sind, reflektieren mehr, etwa 10 - 15%.

Wir wissen noch nicht, woraus dieser Asteroid besteht," fährt er fort, "aber gegen Ende August werden wir davon eine wesentlich bessere Vorstellung haben." Die Astronomen, die mit den bodengestützten Teleskopen arbeiten, dürften kaum Schwierigkeiten haben, das Spektrum des Asteroiden aufzunehmen und somit seine Zusammensetzung zu bestimmen.

Am Tag der größten Annäherung, wird der Asteroid an der Wega vorbeiziehen, dem hellsten Stern in der Sommernacht. Himmelsbeobachter mit einem starken Feldstecher oder kleinen Teleskopen können ihn dann sehen: einen kleinen Lichtfleck, der sich mit 8 Grad pro Stunde voranbewegt. Eine günstige Gelegenheit aber nur für Bewohner der nördlichen Erdhalbkugel, denn der Asteroid kann nur auf der nördlichen Hemispäre gesehen werden. In Europa sollte der Asteroid am besten in den frühen Morgenstunden zu entdecken sein.

Die Bahn von 2002 
NY40 am Himmel
Oben: Die Bahn von 2002 NY40 am nächtlichen Himmel in den Morgenstunden des 18. August 2002. Die roten Punkte markieren die Positionen des Asteroiden zu den jeweils vollen Stunden während der größten Annäherung an die Erde. UT steht für "Universal Time", Weltzeit, und ist zwei Stunden hinter der Mitteleuropäischen Sommerzeit zurück (MESZ = UT + 2 Std.). Am 18. ist allerdings bereits um 5:13 Uhr MESZ Sonnenaufgang, was die Beobachtung erheblich erschweren wird.

Etwas sehr außergewöhnliches wird geschehen, nachdem 2002 NY40 die Erde passiert hat: Seine Leuchtkraft wird rapide abnehmen.

Asteroiden haben, ebenso wie Planeten und Monde, Phasen. Die von der Sonne angestrahlte Seite von 2002 NY40 ist zur Zeit noch zur Erde gerichtet. Er ist "voll", wie der Vollmond. Am 18. August wird der Asteroid dann auf dem Weg zur Sonne die Erdbahn kreuzen. Dann wird sich die Phase schnell ändern, von "voll" über "halb" bis schließlich nur mehr die Nachtseite von der Erde aus zu sehen ist. Der Asteroid wird dunkel, eben wie der Neumond.

Man hat nicht jeden Tag die Gelegenheit einen erdnahen Asteroiden durch ein Fernglas zu sehen, und dann zu beobachten, wie er einfach verschwindet. Aber 2002 NY40 hat eine Menge zu bieten.

Asteroidenlander
Oben: Die künstlerische Darstellung einer Raumsonde, die auf einem großen Asteroiden gelandet ist. (Abbildung: John Frassanito & Associates, Inc.)
"Mutter Natur hat es uns sehr leicht gemacht, diesen hier zu beobachten," meint Yeomans. Das sei gut, denn "wir müssen mehr über erdnahe Asteroiden in Erfahrung bringen, für den Fall, daß wir einen zerstören oder ablenken müssen." Woraus bestehen sie? Wie sind sie zusammengesetzt? Das sind die wichtigsten Fragen, die 2002 NY40 zu beantworten beitragen wird.

"Vergessen Sie nicht," fügt Yeomans hinzu," daß die meistenAsteroiden keine Gefahr für die Erde darstellen. Aber sie beinhalten wertvolle Metalle, Mineralien und selbst Wasser, die wir in der Zukunft abbauen könnten." Wenn solch ein Asteroid der ERde nahe (aber nicht zu nahe!) kommt, hat man einen vergleichsweise leichten Zugang zu ihnen, sowohl um sie zu studieren, als auch um sie eines Tages zu besuchen.

Oder, um es mit Nietsches Worten zu sagen: Asteroiden, die uns nicht treffen, machen uns nur stärker.

Quelle: NASA Science Artikel


letzte Änderung am 8. August MMII