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Artikel 29. November 2002
Grünes Licht für Venus Express
Europa wird nun doch eine Raumsonde zu dem uns nächsten Planeten Venus schicken - Wiederverwendung der Sondenkonstruktion von Mars Express

Venus Express über

der Venus
Oben: So wird Venus-Express die Venus umfliegen. (Abbildung: Fliegerrevue)
Lange stand das Schicksal der europäischen Venus-Mission buchstäblich in den Sternen. Nun ist es amtlich: Europa fliegt zum Morgen- und Abendstern. Das wissenschaftliche Programmkomitee der ESA hat nun das endgültige OK für die europäische Venus-Sonde gegeben. Bereits im November 2005 soll sich Venus Express auf den Weg machen, um Atmosphäre und Ionosphäre unseres höllisch heißen Nachbarplaneten eingehend zu untersuchen.

Schon am 11. Juli 2002 war die Venus für Europa wieder in greifbare Nähe gerückt: Das ESA-Programmkomitee (SPC) beschloß einstimmig, die zunächst gestrichene Venus Express-Mission nun doch in Angriff zu nehmen. Der Wermutstropfen: Die Entscheidung war vorläufig, weil eine definitive Zusage des italienischen Beitrags zur Mission nicht vorlag. Im Oktober fand man jedoch eine Lösung, die das Programmkomitee billigte. Die ESA übernimmt einen Teil der Kosten für die italienischen Instrumente. Im Gegenzug arbeiten in dem entsprechenden Forschungsteam mehr europäische Wissenschaftler mit. Damit war die Mission gerettet. Und der Weg zur Venus endgültig frei.

Per Recycling zum Nachbarplaneten

Mars

Express
Oben: Mars Express - Das Vorbild für Venus Express (Abbildung: ESA/ D. Ducros)
Venus Express ist als kostengünstige Evaluierungsmission konzipiert. Die Raumsonde soll nach dem Muster der Mars Express-Sonde gebaut werden, die 2003 startet. Und als wissenschaftliche Nutzlast sind Instrumente vorgesehen, die ursprünglich für Mars Express und die ESA-Kometenmission Rosetta entwickelt wurden. Mit diesem kostensparenden „Recycling-Konzept“, das mit Venus Express erprobt wird, will die ESA künftig auch in Zeiten eingeschränkter Budgets ehrgeizige Missionen auf den Weg bringen. Der Einsatz bereits verfügbarer Komponenten hat außerdem den Vorteil, daß sich die Entwicklungszeit erheblich verkürzt. Die Venus-Sonde kann also in vergleichsweise kurzer Zeit realisiert werden.

Apropos Zeit. Sie ist bei dieser Mission eine knappe Ressource: Venus Express muss innerhalb von drei Jahren startklar sein. Den Starttermin im Jahr 2005 diktiert die für den Flug erforderliche Planetenkonstellation.

Atmosphäre im Visier

Venus in UV
Oben: Die Abbildung zeigt eine Ultraviolett-Aufnahme der Venus. Das Bild wurde am 24. Januar 1995 vom Weltraumteleskop Hubble aufgenommen. Als die Aufnahme entstand, war die Venus 113, 6 Mio. Kilometer von der Erde entfernt. (Photo: L. Esposito Universität von Colorado in Boulder, und NASA)
"Venus Express ist primär eine Atmosphärenmission“, so Professor Wolfgang Baumjohann vom Institut für Weltraumforschung (IWF) in Graz. Das belegen auch die wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Sonde: Die Spektrometer PFS, SPICAM und VIRTIS nehmen vor allem die Gashülle der Venus in unterschiedlichen Spektralbereichen unter die Lupe. Die hochauflösende Kamera VMC soll Bilder des Planeten im sichtbaren Bereich sowie im UV- und Infrarotlicht liefern. Das Radarinstrument VeRa dient zur Radiosondierung von Atmosphäre und Ionosphäre. Und der Teilchendetektor ASPERA soll die Erosionsprozesse in der Venusatmosphäre unter dem Einfluss des Sonnenwindes erforschen.

Mit an Bord wird auch ein Magnetometer-Instrument sein, daß Wissenschaftler vom IWF in Österreich gemeinsam mit der TU Braunschweig und dem Imperial College in London entwickeln. „Wie der Mars hat ja auch die Venus kein eigenes Magnetfeld“, erläutert Wolfgang Baumjohann vom IWF. „Mit dem Magnetometer wollen wir mehr Informationen darüber herausfinden, wie Sonnenwind und Atmosphäre ohne planetares Magnetfeld im Wechsel wirken.“ Österreich übernimmt bei dieser Mission die Federführung bei den Magnetfeldmessungen. Eine Rolle, für die das Land offenbar prädestiniert ist: Bei vier von sechs Raumsonden, die in den letzten 25 Jahren die Venus umkreisten bzw. vorbeiflogen, stammten die Magnetometer aus Graz.

Hitzehölle im Säuredampf

Venusvulkan
Oben: Der Vulkan Sif Mons auf der Venus. (Photo: NASA)
Unser innerer Nachbarplanet ist in Masse, Dichte, Größe und innerem Aufbau fast ein Zwilling der Erde. Damit endet aber auch schon die Ähnlichkeit. Auf der von einer tödlichen Atmosphäre umschlossenen Venus herrschen Temperaturen von 480 Grad Celsius und ein Druck, der 90-mal höher ist als auf der Erde. Ein dichter Mantel aus Schwefelsäurewolken verhüllt den Planeten und verstellt den Blick auf eine ausgedörrte Oberfläche, die von düsteren Vulkanlandschaften, Steinwüsten und Kratergebieten geprägt ist.

Die Höllentemperaturen auf der sonnennahen Venus sind das Ergebnis eines gewaltigen Treibhauseffekts. Die fast ausschließlich aus Kohlendioxid bestehende Atmosphäre fängt Strahlung und Hitze unseres Zentralgestirns ein, die dann nicht wieder ins All abgestrahlt wird. So heizt sich der Planet immer weiter auf. Die Daten, die Venus Express liefert, sollen unter anderem helfen, Klimamodelle zu entwickeln, mit denen sich der irdische Treibhauseffekt und dessen Folgen besser verstehen und berechnen lassen.

Daß der Flug zur Venus nun Wirklichkeit wird, ist dem engagierten Einsatz der ESA, der nationalen Raumfahrtagenturen und der Wissenschaftler aus ganz Europa zu verdanken.

„Ich bin wirklich stolz darauf, daß es dem Programmkomitee gelungen ist, alle offenen Fragen zu klären“, erklärt Prof. David Southwood, der Wissenschaftsdirektor der ESA. „Endlich können wir Wissenschaftlern und Industriefirmen eine ganz klare Ansage machen: An die Arbeit, es geht zur Venus!“

Quelle: Original ESA Pressemitteilung


letzte Änderung am 6. Dezember MMII