Zeit der Vorbeiflüge an Phobos beginnt wieder
Noch nie zuvor so nahe an den Mars-Mond heran gekommen - bessere Erforschung und neue Erkenntnisse als Resultat erwartet
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Eine Aufnahme von Phobos, die am 22. Januar 2007 von der hochauflösenden
Stereokamera (High-Resolution Stereo Camera - HRSC) an Bord von Mars Express
gemacht wurde. Hier sieht man den größeren und inneren der beiden Marsmonde, wie er gerade über den Mars hinweg gleitet. Das Bild wurde leicht aufgearbeitet, um die Details des Mondes herauszustellen. (Photo: ESA/DLR/FU Berlin - G. Neukum) | Mars Express startete heute mit
einer Serie an Vorbeiflügen an dem größten Marsmond "Phobos". Die Aktion wird ihren
Höhepunkt am 3. März erreichen, wenn das Raumfahrzeug einen neuen Rekord im
"dichtesten Vorbeiflug an Phobos" aufstellen wird, wobei es dessen Oberfläche aus nur
50 km Entfernung überfliegen wird. Die gesammelten Daten könnten dabei helfen, die
Herkunft dieses geheimnisvollen Mondes zu entwirren.
Die neueste Aktion an Phobos-Vorbeiflügen hat am 16. Februar um 6:52 Uhr MEZ begonnen, als sich Mars Express der luftlosen Oberfläche von Phobos bis auf 991 km näherte. Die Vorbeiflüge werden bis zum 26. März auf verschiedenen Höhen andauern. Dann wird Phobos sich außer Reichweite bewegen. Die Vorbeiflüge bieten erstklassige
Gelegenheiten, um mit Mars Express zusätzliche wissenschaftliche Forschung zu
betreiben. Mars Express wurde eigentlich dafür entworfen, den Roten Planeten unter sich
zu erforschen und nicht den grauen Mond neben sich.
"Da sich Mars Express in einer elliptischen, polaren Umlaufbahn mit einer maximalen Entfernung von 10.000 km zum Mars befindet, kommen wir regelmäßig an Phobos vorbei. Dies stellt eine hervorragende Gelegenheit für zusätzliche wissenschaftliche Forschung dar", sagt Olivier Witasse, Mars
Express-Projektwissenschaftler.
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Dieses Bild, das von der hochauflösenden Stereokamera (High Resolution Stereo Camera
- HRSC) von Mars Express aufgenommen wurde, ist
eine der hochauflösendsten Bilder, die bis jetzt jemals von dem Marsmond Phobos
gemacht wurden. Das Foto zeigt die dem Mars zugewandte Seite des Mondes. Es wurde
am 22. August 2004 während des Orbits 756 aus einer Entfernung von weniger als 200
km mit einer Auflösung von ca. sieben Metern pro Pixel geschossen. Diese Farbaufnahme
wurde aus den drei Farbkanälen und dem Nadir-Kanal der HRSC berechnet. Aus
geometrischen Gründen ist die Maßstabsanzeige nur für das Zentrum der Aufnahme gültig. (Photo: ESA/DLR/FU Berlin - G. Neukum) | 2009 entschied die Missionsarbeitsgruppe, dass die Umlaufbahn von Mars Express
angepasst werden muss, um zu verhindern, dass der Versuch des dichtesten
Vorbeiflugs des Raumfahrzeuges auf die Nachtseite des Planeten fällt. Die
Flugleitgruppe am Europäischen Raumflugbetriebszentrum (ESOC) in Darmstadt stellte eine Anzahl möglicher Szenarien vor. Dabei auch eines, das das Raumfahrzeug bis auf 50 km über Phobos heranbringen würde. "Das war das Dichteste, was sie uns an Phobos heran fliegen lassen würden", führt Witasse weiter aus.
Genaue Schwerkraftsmessungen
Der dichteste
Vorbeiflug rückt deshalb so stark in den Vordergrund, weil er eine noch nie da gewesene
Möglichkeit ist, das Schwerefeld von Phobos aufzuzeichnen. Bei dieser Entfernung sollte
Mars Express die Unterschiede in der Anziehungskraft von Phobos spüren - abhängig
davon, welcher Teil des Mondes Mars Express zu diesem Zeitpunkt am Nächsten ist. Dies
wird es den Wissenschaftlern ermöglichen, auf die innere Struktur des Mondes zu
schließen.
Frühere Mars Express-Vorbeiflüge haben bereits die bisher genauesten Angaben
über die Masse von Phobos bereitgestellt und die hochauflösende Stereokamera (High
Resolution Stereo Camera - HRSC) hat das Volumen beigetragen. Wenn man damit die
Dichte berechnet, ergibt sich ein überraschender Wert, weil es so aussieht, als ob Teile von Phobos hohl sein könnten. Die Gruppe der Wissenschaftler hat es sich zum Ziel gemacht, diese vorläufige Schlussfolgerung zu bestätigen.
Insbesondere wird das Radar "MARSIS" in einer speziellen Sequenz arbeiten, um zu
versuchen, in den Mond hinein zu sehen. Dabei wird es nach Strukturen oder einem
Hinweis auf die innere Zusammensetzung suchen. "Wenn wir mehr darüber wissen, wie
sich Phobos zusammensetzt, werden wir möglicherweise auch mehr darüber wissen,
wie er entstanden ist", erklärt Witasse.
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Die hochauflösende Stereokamera an Bord von ESAs Mars Express (High Resolution Stereo Camera - HRSC) wird den gesamten Planeten in Farbe, 3D und mit einer Auflösung von ungefähr 10 Metern abbilden. Ausgesuchte Gebiete werden mit einer Auflösung von zwei Metern abgelichtet werden. Eine der größten Vorteile der Kamera wird die noch nie da gewesene Punktgenauigkeit sein, die erreicht wird, indem Bilder in den zwei
verschiedenen Auflösungen mit einander verbunden werden. Der Kamerakopf besteht
aus der leicht grau gefärbten Einheit in der Mitte und der rechteckigen Blende auf der
Oberseite. Die zylindrische Blende unten rechts ist der Super-Auflösungskanal (Super
Resolution Channel - SRC). Zusammen haben der Kamerakopf und die SRC eine Größe
von 515 x 300 x 260 mm. Der schwarze Kasten hinten ist die Digitaleinheit (Digital Unit).
Das ganze HRSC wiegt 20,4 kg und verbraucht etwa 48,7 Watt wenn Kamera und SRC in
Betrieb sind. (Photo: DLR/FU Berlin/ESA 2003) | Die Herkunft von Phobos ist ein Mysterium. Es gibt drei mögliche Szenarien. Das erste
ist, dass der Mond ein eingefangener Asteroid ist. Das zweite ist, dass er, als sich der
Mars unterhalb von ihm bildete, an Ort und Stelle entstanden ist. Das dritte ist, dass
Phobos sich später als der Mars bildete und zwar aus Trümmern, die in den Mars-Orbit
geschleudert wurden, als ein großer Meteorit auf dem Roten Planeten einschlug.
Alle
Instrumente werden während der Aktion zum Einsatz kommen, einschließlich der
hochauflösenden Stereokamera. Obwohl während der ersten fünf Überflüge (dem
dichtesten inbegriffen) aufgrund der Tatsache, dass sich Mars Express von der
Nachtseite her nähert, keine Aufnahmen möglich sind, werden ab dem 07. März
hochauflösende Bilder möglich sein. Eine Aufgabe der hochauflösenden Stereokamera ist,
die vorgesehenen Landestellen für die russische Mission "Phobos-Grunt" abzulichten.
Die Wissenschaftsmission zu führen, "ist immer ereignisreich", meint Witasse. "Die
Phobos-Überflüge machen dies sogar noch spannender."
Quelle:
ESA
Bearbeitet von: Joachim Dietlicher |