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Artikel 20. November 2008
NASA-Raumsonde entdeckt bedeckte Gletscher auf dem Mars
Bodeneindringungsradar von Mars Reconnaissance Orbiter sieht größtes Wassereisvorkommen abseits der Polkappen

Gletscher auf dem Mars
Oben: Eine künstlerische Darstellung der Gletscher auf dem Mars. Allerdings tritt das Eis bei den jetzt entdeckten nicht so zu Tage wie hier dargestellt, sondern ist von einer Schicht aus Gesteinsbrocken bedeckt, die sie vor dem sofortigen Verdampfen (Sublimieren) an der dünnen Marsluft schützt. (Abbildung: NASA/JPL)
Die NASA-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter hat auf dem Mars riesige Gletscher aus Wassereis unter einer schützenden Schicht aus Staub und Gestein in wesentlich niedrigeren Breiten entdeckt, als irgendwelches Eis, das zuvor auf dem Planeten entdeckt wurde.

Wissenschaftler hatten Daten vom Bodeneindringungsradar der Raumsonde analysiert und berichten in der Ausgabe vom 21. November der Zeitschrift Science, daß verdeckte Gletscher sich über Dutzende Kilometer weit von den Rändern von Bergen und Kliffs ausgehend erstrecken. Eine Schicht aus Gesteinsmaterial, die das Eis bedeckt, könnte die unterirdischen Gletscher als die Überbleibsel eines Eisschilds erhalten haben, der während der letzten Eiszeit auch die mittleren Breiten bedeckt hat. Diese Marsgletscher ähneln stark den großen Gletschern, die unter Gesteinsdecken in der Antarktis entdeckt wurden.

"Insgesamt repräsentieren diese Gletscher die größten Wassereislagerstätten auf dem Mars, die sich nicht in den Polkappen befinden", erklärte John W. Holt von der Universität von Texas in Austin, der Hauptautor des Berichts. "Allein eine der Stellen, die wir untersucht hatten, ist dreimal so groß wie die gesamte Stadt Los Angeles und bis zu 800 Meter dick. Und davon gibt es noch viele mehr. Abgesehen von ihrem wissenschaftlichen Wert könnten sie eine Quelle für Wasser sein, mit dem die zukünftige Exploration des Mars unterstützt werden könnte."

Wissenschaftler hatten über die sogenannten "Schürzen", sanft abfallende Gebiete an den Füßen größerer geographischer Merkmale, die Gesteinsablagerung aufweisen, gerätselt, seit die VIKING-Orbiter der NASA sie in den 70er Jahren zum ersten Mal beobachtet hatten. Eine Theorie ging davon aus, daß die Schürzen Ströme aus Gesteinsbrocken seien, die durch eine geringe Menge an Eis geschmiert würden. Jetzt hat das Bodenradar des Mars Reconnaissance Orbiter den Wissenschaftlern eine Antwort auf dieses Rätsel geliefert.

"Diese Ergebnisse sind der Rauchende Colt, der auf die Anwesenheit von großen Mengen Wassereis in diesen Breiten hinweist", meinte Ali Safaeinili, ein Mitglied der Forschergruppe um das Bodenradarinstrument am Strahlantriebslabor (JPL) der NASA in Pasadena, Kalifornien.

Radarechos, die von der Raumsonde empfangen wurden, zeigten Hinweise darauf, daß die Radiowellen durch die Schürzen hindurchdrangen und von einer tieferliegenden Oberfläche ohne merklichen Intensitätsverlust reflektiert worden waren. Dies erwartet man üblicherweise, wenn die Gebiete der Schürzen aus dickem Eis unter einer relativ dünnen Deckschicht bestehen. Das Radar sieht keine Reflektionen aus dem Inneren dieser Eislagerstätte, wie man sie sähe, wenn sie im wesentlichen aus Gesteinsbrocken bestünden. Ebenso ist die Geschwindigkeit der Radiowellen, die die Schürzen durchdringen, konsistent mit der, die man bei einem Aufbau aus Wassereis erwartete.

Wissenschaftler hatten das Flachbodenradarinstrument für den Orbiter entwickelt, um gerade diese geographischen Merkmale in mittleren Breiten und geschichteten Ablagerungen an den Marspolen untersuchen zu können. Die italienische Raumfahrtagentur hat dieses Instrument zur Verfügung gestellt.

"Wir haben dieses Instrument extra für diese Art von Gelände entwickelt", erläuterte Roberto Seu, der Leiter des wissenschaftlichen Instrumententeams an der La Sapienza Universität in Rom, Italien. "Es ist nun eine Priorität, andere Beispiele dieser Schürzen zu beobachten, um zu bestimmen, ob sie ebenfalls aus Eis bestehen."

Holt und 11 Coautoren berichten, daß die verdeckten Gletscher im Hellas Becken liegen, einer Region auf der Südhalbkugel des Mars. Das Radar hat außerdem ähnlich aussehende Schürzen, die sich von Kliffs weg erstrecken auf der Nordhalbkugel entdeckt.

"In den nördlichen Lagerstätten ist das Volumen an Wassereis sogar noch größer", meinte der JPL-Geologe Jeffrey J. Plaut, der die Ergebnisse über diese Lagerstätten in den Geophsikalischen Forschungsmitteilungen der Geophysikalischen Vereinigung veröffentlichen wird. "Die Tatsache, daß diese Merkmale sich im selben Breitengradenband zwischen 35 und 60 Grad auf beiden Halbkugeln befinden, weist auf einen durch klimatische Bedingungen angetriebenen Mechanismus hin, der erklärt, wie sie dorthin gekommen sind."

Die Decke aus Gesteinsbrocken auf den Gletschern hat das Eis offensichtlich vor dem Verdampfen geschützt, das stattgefunden hätte, wenn es in diesen Breiten der Atmosphäre direkt ausgesetzt gewesen wäre.

"Eine Schlüsselfrage ist, wie das Eis dort überhaupt hingekommen ist", meinte James W. Head von der Brown Universität in Providence, US-Bundesstaat Rhode Island. Die Neigung der Rotationsachse des Mars ist manchmal viel größer, als sie es jetzt ist. Klimamodelle sagen uns, daß die Eisschilde während solcher Zeiten großer Achsneigung bis in die mittleren Breiten gereicht haben könnten. Die verdeckten Gletscher ergeben Sinn, wenn es sich um die letzten Überbleibsel einer Eiszeit vor Millionen von Jahren handelt. Auf der Erde haben derartige bedeckte Gletscher in der Antarktis die Aufzeichnung von Spuren uralter Organismen und vergangener Klimageschichte erhalten."

Quelle: Strahlantriebslabor der NASA (JPL)
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 23. November MMVIII