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Artikel 13. August 2009
NASA-Budget reicht nicht für Explorationspläne aus
Mond- und besonders Marsflüge stehen in Frage - Expertenkommission zeichnet düsteres Bild für die Zukunft der bemannten Raumfahrt der USA

Augustine-Kommission
Oben: Die Kommission zur Untersuchung der bemannten US-Raumfahrtpläne unter der Leitung von Ex-Lockheed-Martin- Geschäftsführer Norman Augustine, untersuchte verschiedene Szenarien, wie die bemannte Raumfahrt der USA unter Federführung der NASA unter Berücksichtigung der Haushaltslage in den nächsten Jahren aussehen könnte. (Photo: NASA)
Eine präsidiale Kommission, die sich in den letzten Wochen eine Übersicht über die Optionen für zukünftige bemannte Raumflugoperationen verschafft hat, zog heute, am 13. August, eine düstere Bilanz, als sie zeigte, daß die derzeitigen Pläne der NASA das Shuttle außer Dienst zu stellen, den Aufbau der ISS abzuschließen und bis Anfang der 2020er Jahre zum Mond zurückzukehren nicht einmal annähernd machbar sind, ohne eine grundlegende Wiederherstellung der jüngst beschnittenen Finanzmittel.

Ohne eine größere Erhöhung der Ausgaben "wird es unserer Ansicht nach schwierig werden, mit dem derzeitigen Budget irgendetwas zu unternehmen, das auch nur in irgendeiner Weise inspirierend im Bereich der bemannten Weltraumfahrt wäre", meinte Norman Augustine, der Vorsitzende der Kommission zur Prüfung der bemannten Raumfahrtpläne.

Augustines Kommission war von der Obama-Regierung eingesetzt worden, um die derzeitigen Pläne der NASA zur Außerdienststellung der Shuttle-Flotte, der Fertigstellung der Internationalen Raumstation und der Rückkehr zum Mond unter die Lupe zu nehmen, und ebenso alternative Strategien für den Schritt über die Erdbahn hinaus zu betrachten.

Die Kommission versucht auch abzuschätzen, wie lange die NASA und ihre internationalen Partner die Internationale Raumstation nutzen sollten. Die NASA hat derzeit kein Geld in ihrem hochgerechneten Langzeitbudget, um die ISS über das Jahr 2015 hinaus zu betreiben.

Die Augustine-Kommission glaubt, daß die Station nicht ohne direkte US-Missionsleitung und -Verwaltung betrieben werden kann, und das es rund $1,5 Milliarden kosten wird, um den riesigen Komplex am Ende seiner Lebensspanne aus der Umlaufbahn zu bringen, wann immer das auch sein mag.

NASA's derzeitiger Langzeitplan, der im Nachklang des COLUMBIA-Unglücks von 2003 als eine Initiative der Bush-Administration entwickelt worden war, sieht vor, die Raumstation fertigzustellen, die Shuttle-Flotte außer Dienst zu stellen und eine neue Raumkapsel namens ORION zu entwickeln, die mit ARES-1-Trägerraketen zur ISS geschossen werden sollen.

Während der Lücke zwischen dem Ende des Shuttle-Flugbetriebs und dem Jungfernflug von ARES-1/ORION, werden US-Astronauten mit russischen SOJUS-Raumfahrzeugen zur Station fliegen müssen. Die Verantwortlichen der NASA waren bislang immer davon ausgegangen, daß das Programm verlängert werde und daß ARES-1/ORION als Fracht- und Personaltransporter genutzt werden könnten.

ARES-1
Oben: Die Trägerrakete ARES-1 soll das bemannte Erkundungsfahrzeug ORION in's All tragen. (Abbildung: NASA)
Die NASA plant ebenfalls eine riesige unbemannte Schwerstlastträgerrakete mit der Bezeichnung ARES-5 zu entwickeln, die einmal die ORION-Kapseln und die ALTAIR-Mondlandefähren für Langzeiterkundungsmissionen zum Mond katapultieren soll.

Aber während der letzten öffentlichen Anhörung heute in Washington gewährte die Augustine-Kommission einen ernüchternden Blick auf das projizierte NASA-Budget und die Anforderungen, die die verschiedenen bemannten Raumflugszenarien stellen.

Sieht man das Constellation-Programm als das Programm der Wahl, so werde die NASA weitere $50 Milliarden bis 2020 benötigen, um das Programm wie geplant umsetzen zu können, erklärte Kommisionsmitglied und frühere Astronautin Sally Ride. Dieses Szenario wird als der "uneingeschränkte Budget"-Fall bezeichnet.

Dabei wird angenommen, daß das Shuttle rechtzeitig außer Dienst gestellt wird und daß die ISS Anfang 2016 aus der Umlaufbahn gebracht wird, eine Option, die keines der Ausschußmitglieder gerne sehen würde. In diesem Szenario hätte das neue ARES-1/ORION-System kein Ziel, bis die Schwerlastrakete ARES-5 ihren Jungfernflug absolviert und ab dem Jahr 2021 die Flüge zum Mond begännen.

"Im uneingeschränkten Budget, würden ARES-1 und ORION kurz nach dem kontrollierten Absturz der ISS auf den Plan treten", erläuterte Ride. "Und danach käme erst im Jahr 2021 die bemannte Rückkehr zum Mond."

Unter der Annahme, daß die NASA gezwungen wäre, innerhalb der Grenzen des von der Obama-Administration bereitgestellten 2010er Budgets weiterzuarbeiten, wäre die ARES 5 nicht vor 2028 einsatzbereit.

"Wir hätten erneut die Personentransportfähigkeit von ORION und ARES-1 mehrere Jahre nach dem Ende der ISS, so daß es nichts gäbe, wohin ARES-1 und ORION fliegen könnten", führte Ride weiter aus. "Die Schwerlastkapazität (ARES-5) käme erst in 2028, aber wie man bemerken kann, ist dann noch kein Mondlandesystem entwickelt, weil es nicht genug Geld gab, um überhaupt mit der Entwicklung der Mondsysteme anzufangen.

Also haben wir im Jahr 2028 eine Schwerlastträgerrakete, aber absolut gar nichts, was man da oben draufpacken könnte, um es zum Mond zu schicken. Und das sagt wohl alles. Man kann dieses Programm nicht mit diesem Budget durchführen. Wenn man etwas machen will, dann braucht man auch das Geld, um es machen zu können."

Das Büro für Verwaltung und Finanzen hatte im letzten Frühjahr, bevor die Augustine-Kommmission eingesetzt worden war, mehr als $3 Milliarden aus dem Langzeitfinanzrahmen der NASA gestrichen, Geld das für die Entwicklung der ARES-5-Schwerlastträgerrakete benötigt würde.

ARES-5
Oben: Die Schwerlastträgerrakete ARES-5, die modifizierte Elemente des Shuttle-Startaufbaus verwendet, soll die Mondabflugstufe mit der Mondlandefähre in die niedrige Erdumlaufbahn tragen. (Abbildung: NASA)
Würden die $3 Milliarden jährlich wieder in den Finanzhaushalt der NASA aufgenommen, könnte das Constellation-Programm wieder auf Kurs für eine Rückkehr zum Mond im Jahr 2020 gebracht werden, aber es würde immer noch eine Aufgabe der ISS Anfang 2016 erfordern.

"Wir hatten eine ziemlich heftige Diskussion darüber, welches Budget-Ausrichtung gewählt werden sollte", erklärte Ride weiter über das "erweiterte Budget" Szenario. "Wir entschieden uns für eine Art Mittelweg. Wir wollten die Budget-Linie nicht zu klein ausfallen lassen, weil wir Angst hatten, daß wir dann gar nicht in der Lage sein würden, irgendeine Form der Exploration durchführen zu können. Wir wollten es aber auch nicht zu groß werden lassen, da man uns dann vermutlich von der Bühne gelacht hätte.

Also steigt es langsam auf die zusätzlichen $3 Milliarden pro Jahr an. Dann bleibt es bis 2020 konstant auf diesen $3 Milliarden Plus pro Jahr und dann erlauben wir es mit der jählichen Inflationsrate von 2,4% weiter zu wachsen."

Nach diesem Szenario könnte die NASA bis 2025 Astronauten zum Mond zurückkehren lassen, in einem Programmrahmen, der dem ursprünglich angedachten sehr ähnlich wäre.

Aber selbst die zusätzlichen $3 Milliarden könnten die Betriebskosten der ISS über das Jahr 2015 hinaus abdecken. Die Internationalen Partner der NASA am Projekt, Rußland, Japan, Kanada und die Europäische Raumfahrtagentur ESA, wünschen eine Verlängerung des Stationsbetriebs bis mindestens 2020, ein Ziel, das die Mitglieder der Augustine-Kommission heute befürworteten.

Sollte das Weiße Haus letztendlich einen ISS-fokussierten Plan auf den Weg schicken, müßte die Entwicklung der ARES-1-Trägerrakete voraussichtlich ausgesetzt werden, da die dafür benötigten Gelder stattdessen in den Stationsbetrieb flößen. Nach diesem Szenario stünde die ARES-1 ebenfalls zum Ende der Dienstzeit der ISS zur Verfügung.

Stattdessen befürwortet die Augustine-Kommission die Entwicklung kommerzieller Trägerraketen und Kapseln, um Astronauten in die Erdumlaufbahn und zurück zur Erde zu transportieren, eine weitgehende Abkehr von der bisherigen Praxis.

ORION nähert sich der ISS
Oben: Ob das bemannte Erkundungsfahrzeug ORION noch rechtzeitig fertig wird, um Flüge zur Internationalen Raumstation durchführen zu können, wird von der Augustine-Kommission inzwischen bezweifelt. (Abbildung: NASA)
Zusammen mit der Präsentation von Optionen zur Monderkundung und der Verlängerung des Raumstationsbetriebes, betrachtet die Augustine-Kommission auch die Auswirkungen, die mit der Fortführung des Shuttle-Flugbetriebs mit einer Rate von ein oder zwei Flügen pro Jahr über das Jahr 2011 hinaus einhergehen, um die Lücke zu verringern, die entsteht, bis die neuen Raketensysteme entwickelt sind.

Und zuletzt untersucht der Ausschuß auch die Optionen für die Exploration in das tiefe Weltall hinaus, bei denen man den Mond links liegen läßt, um direkt zu erdnahen Asteroiden zu fliegen, Vorbeiflüge am Mond und sogar am Mars durchzuführen, wobei die Entwicklung von Systemen, die auf der Mondoberfläche für eventuelle bemannte Landungen auf dem Mars benötigt würden, zurückgestellt werden.

In dieser Szenariofamilie würde eine leicht veränderte Version der ARES-5 entwickelt und die Trägerrakete würde für die Beförderung von bemannten Raumfahrzeugen zugeschnitten. Die ARES-1 würde für keinen dieser Fälle entwickelt.

"Wir kamen immer wieder zu dem gleichen Schluß, nämlich daß es sehr sehr sehr schwer ist etwas in diesen Haushalt hineinzupassen und immer noch ein Explorationsprogramm zu haben", meinte Ride. "Tatsächlich suchen wir immer noch nach einem existierenden Beweis dafür, daß wir überhaupt eines finden können. Bislang haben wir noch keines gefunden, aber wir suchen weiter."

Die Kommission stimmte darin überein, daß der Mars das ultimative Ziel der bemannten Raumfahrt für die absehbare Zukunft sein müsse, aber die Mitglieder verzichteten darauf, irgendwelche Vorschläge für Haushalts- oder Zeitrahmen zu machen, da ihre Schlußfolgerung ist, daß bemannte Flüge zum Mars ganz einfach den Rahmen der derzeitigen Planungsmöglichkeiten übersteigen.

Augustine erklärte, er werde am Freitag das Büro für Verwaltung und Finanzen über die vorgeschlagenen Option unterrichten. Der Bericht der Kommission soll bis zum Ende des Monats fertiggestellt werden. Wann die Obama-Administration eine Entscheidung zu den Optionen fällen wird, ist ungewiß, aber das Ziel der Überprüfung war Szenarien vor dem nächsten Haushaltszyklus im Herbst zu beurteilen.

Quelle: Spaceflight Now, CBS News
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 14. August MMIX