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Artikel 11. August 2008
Erster bemannter Raumflug von Shuttle-Nachfolger nicht vor 2014
Technische und finanzielle Schwierigkeiten läßt Optimismus wanken - Ausgereiftere Planung gibt mehr Zuversicht die Vorgaben einzuhalten

ARES I 

Start
Oben: Diese Darstellung zeigt, wie sich die NASA einen Start einer ORION-Kapsel auf der Spitze einer ARES-I-Trägerrakete vorstellt. (Abbildung: NASA)
Der erste bemannte Flug des bemannten Erkundungsraumfahrzeugs ORION, das das amerikanische Space Shuttle ersetzen soll, wird aufgrund von technischen und finanziellen Schwierigkeiten nicht vor 2014, ein Jahr später als von der NASA erhofft, starten können, wie am Montag Vertreter der US- Weltraumbehörde erklärten.

Jeff Hanley, der Leiter des Constellation-Programms der NASA, in dessen Rahmen die mehrere Milliarden Dollar teure Entwicklung der ORION-Kapsel und seiner Trägerraketen vom Typ ARES I durchgeführt wird, erklärte gegenüber Reportern, daß die Behörde weiterhin an ihrem Ziel festhalte, die gesetzte Frist, März 2015 für den ersten bemannten Flug, einzuhalten. Aber das interne Ziel der NASA, Astronauten schon ab 2013 mit dem neuen Raumfahrzeug in's All bringen zu können, erwies sich wegen fehlender Finanzmittel als nicht mehr länger haltbar.

"Unser neues Ziel, September 2014, bringt unseren Fahrplan in Einklang mit den uns zur Verfügung stehenden [Finanz-]Mitteln", meinte Hanley während einer Telekonferenz. "Wir bremsen unsere Bemühungen, um im Rahmen unserer Finanzierung zu bleiben, und um das heißt, daß wir zu einem späteren Zeitpunkt starten müssen."

ORION mit 

ISS
Oben: Ein ORION-Raumfahrzeug nähert sich der ISS an. Ab 2015 sollen die Raumkapseln den Personentransport zwischen der Erde und der Raumstation übernehmen. An Bord haben bis zu sechs Personen, also eine vollständige ISS-Besatzung, Platz. (Abbildung: Lockheed Martin Corp.)
Die drei alternden Raumfähren der NASA, DISCOVERY, ATLANTIS und ENDEAVOUR, sollen im Jahr 2010 ausgemustert werden, sobald der Aufbau der Internationalen Raumstation abgeschlossen ist. Die Raumfahrtbehörde plant die Durchführung von zehn weiteren Space-Shuttle-Missionen, von denen zwei noch für diesem Herbst geplant sind, zur Fertigstellung der Raumstation und zur Überholung des Weltraumteleskops HUBBLE.

Die NASA ersetzt ihre Arbeitspferde mit den ORION-Raumkapseln, die dafür konstruiert werden, auf der Spitze der zweistufigen Trägerrakete ARES I gestartet zu werden. Die Raumfahrzeuge sollen zunächst für Flüge zur Internationalen Raumstation genutzt werden. Sie stehen aber auch im Zentrum der Vision der NASA, mithilfe der Schwerlastträgerrakete ARES V und dem Mondlandefahrzeug ALTAIR Menschen bis zum Jahr 2020 erneut auf den Mond zu bringen.

Verantwortliche der NASA haben wiederholt gesagt, daß der März 2015 das offizielle Planungsziel für den Beginn bemannter Flüge der ORION-Raumfahrzeuge zu beginnen, aber die Behörde hofft auch, das Raumfahrzeug früher in Dienst stellen zu können, um die fünfjährige Pause bei den bemannten Raumflügen zwischen dem letzten Shuttle-Flug und dem ersten bemannten Flug einer ORION zu minimieren.

"Wir halten an unserer Verpflichtung fest, bis März 2015 Flugbetriebsfähigkeit herstellen zu können", erklärte Doug Cook, der stellvertretende beigeordnete Administrator für Weltraumerkundung der NASA.

Flugtestplan für Constellation
Oben: Diese Abbildung zeigt die ursprüngliche Planung für die einzelnen Flugtests von ORION und ARES I. In der Entwicklungsphase findet ein erster Flugtest der ARES I statt, ansonsten nur verschiedene Flugtests der ORION-Raumkapsel. In der Abnahmephase finden dann Tests von ORION und ARES I gemeinsam statt, zunächst unbemannt, und dann, ab 2014, drei bemannte Testflüge. Die Daten unter beziehen sich noch auf die ursprüngliche optimistischere Planung. (Abbildung: NASA)
Die NASA hofft, in der ersten Hälfte 2009 das Startabbruchsystem der ORION testen und den ersten ARES-Testflug, ARES I-X, durchführen zu können. Aber nachfolgende unbemannte Flugabbruch- und ARES-I- Starttests könnten sich weiter nach hinten verschieben, bevor der erste bemannte Raumflug stattfinden kann, erläuterten die Programmleiter.

"Unsere Zuversicht, daß die Lücke nicht länger als fünf Jahre dauert, ist tatsächlich sogar noch stärker geworden", meinte Hanley.

Ein unabhängiger Bericht, der am Montag vom Sicherheitsberaterausschuß für Luft- und Raumfahrt (ASAP), einer Gruppe, die die Leistungen der NASA jährlich beurteilt, veröffentlicht wurde, hebt ebenfalls die Wichtigkeit einer angemessenen Finanzierung für den Erfolg des Constellation Programms der NASA hervor.

"Obwohl es immer noch Gelegenheiten für Verbesserungen gibt, zeigen die Ergebnisse des Ausschuß, daß die NASA im vergangenen Jahr wesentlichen Fortschritt bei der Lösung von Sicherheitsproblemen erzielt hat", erklärte der ASAP-Vorsitzende Joseph Dyer in einer schriftlichen Stellungnahme.

Der Ausschuß drückte auch seine Besorgnis darüber aus, was in dem Bericht als Fehlen einer klaren Linie im Constellation Program bezeichnet wird, ebenso wie einen Konstruktionsprozess für ORION, der sich auf die Minimierung des Gewichtes konzentrierte, indem er die Vor- und Nachteile eines jeden Systems gegeneinander abwägte.

"Wenn Sicherheitselemente sich erst ihren Einzug in eine Konstruktion verdienen müssen, die bereits Gestalt anzunehmen begonnen hat, könnten die Objektivität und Widerspruchsfreiheit der Entscheidungsfindung beeinträchtigt werden", stellt der ASAP- Bericht fest.

Aber Hanley sagte, daß das einleitende Konstruktionsverfahren noch immer im Gange sei, wobei die Ingenieure jedem System des Raumfahrzeugs eine immense Aufmerksamkeit zukommen lassen. Das Ziel, erklärte er, ist es die Konstruktion soweit zu verfeinern, daß das endgültige Raumfahrzeug robust, zuverlässig und sicher ist.

"Wir schneiden nicht einfach blindlings Redundanz und Robustheit aus dem Konstruktionsprozess heraus", sagte Hanley. "Ich könnte nicht zufriedener sein mit dem Fortschritt, den wir machen."

Ein Teil des Fortschritts, fügte er hinzu, schließt eine Lösung für Probleme mit übermäßigen Vibrationen an der ARES I Startrakete der ORION ein. Ingenieure hatten Pläne vorgelegt, die Vibrationen mittels federgleichen elektromagnetischen Absorbermassen abzudämpfen.

"Die ORION ist auf dem Weg dahin, wo sie gebraucht wird", meinte Hanley.

Kritik an US-Regierung

Bereits in der vergangenen Woche hatte der frühere NASA-Astronaut und Senator von Ohio, John Glenn, die mangelnde Unterstützung der NASA durch die US-Regierung kritisiert. Glenn bezeichnete Bush's Vision zur Weltraumerkundung als einen "nichtfinanzierten Auftrag". Die Bush-Administration habe es versäumt, mehr Geldmittel für das Constellation-Programm in ihre Haushaltsplanungen einzubeziehen.

Auch der demokratische Senator von Florida und ebenfalls ehemaliger NASA- Astronaut Bill Nelson hat nun angesichts der aktuellen Lage im Kaukasus Kritik an der US -Regierung geübt. Nelson befürchtet, wenn die politischen Beziehungen mit Rußland sich wegen Georgien deutlich verschlechtern, könnte das dazu führen, daß die USA ihren Zugang zur Internationalen Raumstation verliert.

Zwischen 2010 und 2015 sind amerikanische Astronauten auf einen Sitz in einer russischen Sojus-Kapsel angewiesen. Bis 2011 sind solche Sitze bereits gesichert, da die NASA eine Ausnahme von der Iran-Syrien-Nichtverbreitungsverordnung bekommen hat, die es US-amerikanischen Firmen untersagt, Güter von Rußland zu kaufen, solange das Land Nukleartechnologie an Iran oder Syrien verkauft. Die Ausnahmeregelung war 2003 in Kraft getreten, als nach dem COLUMBIA-Unglück die NASA zum ersten Mal von ihrem eigenen Zugang zur ISS abgeschnitten war.

Diese Ausnahmeregelung läuft allerdings 2011 aus und Nelson befürchtet, daß es wesentlich schwieriger werden wird in einem erkalteten politischen Umfeld erneut eine Ausnahmeregelung zu bekommen, die es der NASA ermöglicht die Lücke bis 2015 zu überbrücken.

Nelson machte die Bush-Administration dafür verantwortlich, daß die NASA so abhängig von den Russen geworden ist. Sie habe es versäumt, mehr finanzielle Mittel in das Raumfahrtprogramm zu stecken, um die Lücke früher zu schließen.

"Wäre ich Präsident, so würde ich alle Bremsen anziehen, um Rußland zu verstehen zu geben, welche Konsequenzen fortgesetztes schlechtes Benehmen hat", meinte Nelson, der gerade zusammen mit dem Führer der Senatsmehrheit Harry Read und anderen Abgeordneten von einer Reise nach Afghanistan zurückgekehrt ist.

Der russische Einmarsch in Georgien hatte gerade begonnen, als die Delegation Zentralasien verlassen wollte, berichtete Nelson.

"Wir mußten tatsächlich, von Kasachstan kommend, über Georgien fliegen, weil uns die Russen die diplomatische Überflugerlaubnis verweigert hatten."

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 13. August MMVIII